Menschen mit Behinderung haben es in Hüttendörfern in den Altstädten nicht einfach. Wo es Hürden gibt – und wie die Städte Leonberg, Weil der Stadt und Ditzingen auf Barrierefreiheit achten.
Mit seinem Rollstuhl würde Wolfgang Wendorf nie auf einen Weihnachtsmarkt gehen – zu schwierig ist es oft, durch das Gedränge zu navigieren. „Man sagt permanent ‚Achtung’ – mehr, als dass man vorwärts kommt“, erzählt der Vorsitzende des Vdk Ortsverbands Leonberg.
Für einen Besuch des Leonberger Adventsdörfles benutzt der 76-Jährige, der eine Unterschenkelprothese hat, lieber den Rollator. Damit nehme man ihn eher wahr, weiß Wendorf aus Erfahrung.
Einfach ist der Gang über den weihnachtlich geschmückten Marktplatz für ihn trotzdem nicht. Die größte Hürde für ihn: Das Kopfsteinpflaster, das in fast allen historischen Stadtkernen zu finden ist. Ab und zu muss er kurz anhalten, mit dem Rollator über die Steine zu laufen, sei sehr anstrengend, erklärt er. „Das sind die gleichen Probleme, die ich das ganze Jahr habe, nur dass beim Weihnachtsmarkt eben mehr Leute da sind.“
Aber auch an den Stehtischen macht sich seine Einschränkung bemerkbar. Wenn er auf seinem Rollator sitzt, kann Wolfgang Wendorf gerade über den Tisch schauen. Würde er seinen Rollstuhl benutzen, wäre er jedoch unter der Tischplatte, sagt er.
Dass Menschen mit Behinderungen beim Besuch eines Weihnachtsmarktes auf Hürden stoßen können, weiß auch Elke Staubach. Die Fraktionsvorsitzende der CDU im Leonberger Gemeinderat macht sich immer wieder für das Thema Barrierefreiheit stark. „Das erste Problem, wenn man alleine im Rollstuhl unterwegs ist, ist erst einmal wahrgenommen zu werden“, erklärt sie. „Die Stände sind relativ hoch, man muss sich eindeutig bemerkbar machen.“ Außerdem fehlen laut ihr auf Weihnachtsmärkten für Menschen im Rollstuhl Flächen, um Dinge abstellen zu können. Von tieferen Ablageflächen könnten auch Kinder profitieren, sagt Staubach.
Mit Blick auf das Leonberger Adventsdörfle verweist auch sie auf das Kopfsteinpflaster, das den Weg über den Marktplatz für Rollstuhlfahrer erschwere. Zum historischen Charme einer Altstadt gehören die Steine jedoch dazu. Vergessen ist das Thema Barrierefreiheit dabei nicht: Um den Zugang für Rollstühle, Rollatoren und Kinderwagen zu erleichtern, hat die Stadt Leonberg im Zuge der Neugestaltung des Marktplatzes von 2015 bis 2017 Stück für Stück das Kopfsteinpflaster in der ganzen Altstadt verfugen lassen. Dabei wurden die Zwischenräume mit Kunstharzmörtel aufgefüllt, um eine ebenere Fläche zu schaffen.
Städte planen Weihnachtsmärkte möglichst barrierefrei
In Weil der Stadt ist die Situation ähnlich: Dort versuchte man ebenfalls dem Spagat zwischen historischer Altstadt und Barrierefreiheit gerecht zu werden. Vor zwei Jahren wurde der Marktplatz umgestaltet. Um die Fläche neu zu pflastern, wurden Steine mit geglätteter Oberfläche verwendet, heißt es von Seiten der Stadt. Außerdem wurden Rampen als Alternativen für die Treppen rund um den Marktplatz gebaut.
Dadurch habe man an diesem Standort gute Bedingungen für städtische Veranstaltungen, wie etwa den Weiler Weihnachtsmarkt, sagt Markus Wagner, der Hauptorganisator des Marktes. „Die gesamte Fläche ist barrierefrei zugänglich. Besonders auf den letzten Punkt achten wir in der Weihnachtsmarktplanung, wir möchten garantieren, dass die vorhandenen Zugänge frei sind.“ Barrierefreie Toiletten und Parkplätze sind vorhanden.
Diese gab es auch beim Ditzinger Adventszauber, der am zweiten Adventswochenende zu Ende gegangen ist. „Wir haben den Adventszauber so geplant, dass auf dem Veranstaltungsgelände zum Beispiel keine Stufen vorhanden sind und nur durch Stufen zugängliche Bereiche ausgespart werden“, erläutert der Sprecher der Stadt, Jens Schmukal. Generell stoße die Stadt bei der Veranstaltungsplanung mit Blick auf die Barrierefreiheit kaum auf Grenzen, sagt Schmukal. „Die Stadt besitzt Rampen um sonst nicht zugängliche Bereiche auch für Rollstuhlfahrer nutzbar zu machen.“ Am Leonberger Adventsdörfle sind ebenfalls barrierefreie Toiletten und Parkplätze vorhanden. Das neue Konzept, das seit 2022 den Nikolausmarkt ersetzt, bringt für Menschen mit Behinderung viele Verbesserungen, lobt Elke Staubach. Da es nur sechs Hütten gibt und diese auf dem Marktplatz verteilt sind, herrscht nicht so ein großes Gedränge, erklärt sie. So sei es für Personen im Rollstuhl einfacher, sich über die Fläche zu bewegen.
Das läuft beim Leonberger Adventsdörfle gut
Wolfgang Wendorf findet toll, was die Leonberger Citymanagerin Nadja Reichert und ihr kleines Team mit dem Adventsdörfle für die Weihnachtszeit auf die Beine gestellt haben. Dabei hat er Verständnis dafür, dass das Kopfsteinpflaster zur Altstadt dazugehört, auch wenn es seinen Weg erschwert. „Wir Menschen mit Behinderung können nicht den Anspruch stellen, dass alles umgebaut wird“, betont er. „Wir sind dankbar für jede kleine Veränderung.“
Das Leonberger Adventsdörfle ist von Freitag, 15. bis Sonntag, 17. Dezember geöffnet