Rund 100 Teilnehmer haben sich bei der zweiten Regionalkonferenz für Kinder- und Jugendrechte in Waiblingen mit der Frage beschäftigt, wie Kinder und Jugendliche mehr Mitspracherecht in der Gesellschaft bekommen können.

Waiblingen - Das wichtigste Kinderrecht? Diese Frage beantwortet die Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) so: „Aus meiner Erfahrung ist es der Schutz vor körperlicher und anderer Gewalt.“ Dieses Recht liege ihr besonders am Herzen, weil sie überzeugt sei, dass Gewalt ein wesentlicher Faktor sei, der Kinder an einem guten Aufwachsen hindere, erklärte Altpeter am Montagvormittag bei der zweiten Regionalkonferenz zu Kinder- und Jugendrechten in Waiblingen.

 

An der vom sozialwissenschaftlichen Institut Familienforschung Baden-Württemberg veranstalteten Konferenz im Bürgerzentrum nahmen rund 100 Gäste teil. Das Ziel der Veranstaltung: „Sie soll Anstöße für konkrete Verbesserungen der Kinderrechte geben, über gute Beispiele in der Praxis informieren und helfen, neue Kontakte zu knüpfen“, sagte der Leiter der Familienforschung Baden-Württemberg, Erich Stutzer.

Kinderrechte vor Ort umsetzen

Sein Institut analysiere die Lebenssituation von Kindern und Familien und berate im Auftrag des Sozialministeriums Kommunen, Landkreise und Unternehmen in Sachen Kinderfreundlichkeit, erklärte Stutzer. Die Frage sei, wie man die in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Rechte für Kinder und Jugendliche vor Ort umsetzen könne.

Der Waiblinger Oberbürgermeister Andreas Hesky betonte in seinem Grußwort, eine Beteiligung der jungen Generation „an allen gesellschaftlichen Prozessen“ sei wichtig, ein gutes Beispiel dafür sei etwa eine Einrichtung wie der Jugendgemeinderat. Der Berliner Professor Reinhard Wiesner forderte in seinem Vortrag, Kinder und Jugendliche bräuchten auch Freiräume, „schul- und elternfreie Zonen“. Die Kinderrechtskonvention hat im vergangenen Jahr ihren 25. Jahrestag gefeiert – ins deutsche Grundgesetz sind die Kinderrechte bisher aber nicht aufgenommen worden. In Baden-Württemberg plant die Landesregierung jedoch, die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern. „Das ist nicht nur Symbolpolitik, auch wenn es vielleicht zunächst danach aussieht“, betonte Katrin Altpeter: „Denken Sie daran, dass der Tierschutz auch Verfassungsrang hat.“ Was für Tiere gelte, müsse für Kinder allemal gelten, so Altpeter. Für eine solche Verfassungsänderung sei allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Landtag nötig. „Und die haben wir nicht. Die Opposition muss mitmachen – und da sind wir noch in Arbeit mit der FDP und der CDU“, so Altpeter.

Teil der demokratischen Willensbildung

Auch auf der kommunalen Ebene – „da, wo Kinder und Jugendliche zu Hause sind“ – sollten deren Rechte in der Gemeindeordnung verankert werden, forderte Katrin Altpeter. Geplant sei, „dass Kinder und Jugendliche bei allen Belangen gehört werden, die sie betreffen“. Die Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche zu stärken sei ein wichtiger Teil der demokratischen Willensbildung: „Wer gewohnt ist, sich von früh an zu beteiligen, wird sich das Recht später nicht mehr so einfach nehmen lassen“, ist Altpeters Überzeugung. In der Gastgeberstadt Waiblingen gebe es etliche Beteiligungsprojekte, zum Beispiel den Jugendgemeinderat, aber auch Stadtteilkonferenzen, bei denen Jugendliche und Kinder zu Wort kämen.

Bis Ende Juli will die Landesregierung laut Altpeter zudem erstmals einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen. Das Werk solle kein Hochglanzmagazin sein, welches das Regal im Ministerium ziere, so Altpeter: „Es soll auch Maßnahmen enthalten, die dann umgesetzt werden. Kinderarmut hat nicht nur eine materielle Seite. Sie hat auch mit Chancen für Eltern zu tun.“