Schulen in Stuttgart handhaben das Thema sehr unterschiedlich. Am Hegel-Gymnasium in Vaihingen sind Handys grundsätzlich verboten. Lediglich die Kursstufe hat einen Außenbereich für sich, in dem die Mobiltelefone geduldet sind. „Wir wollen Begegnungen zwischen den Schülern fördern, sie sollen in den Pausen miteinander ins Gespräch kommen und nicht nur aufs Handy schauen“, sagt der Rektor Frank Bäuerle. Zudem sei man bemüht, all den negativen Begleiterscheinungen, welche vor allem sogenannte soziale Netzwerke mit sich bringen, an der Schule keinen Raum zu geben. Bäuerle meint damit die Ausgrenzung und Diskriminierung Einzelner, was im Internet sehr viel schneller um sich greife als in der realen Welt, bis hin zum Cybermobbing.
Hinzu kommen mögliche Täuschungsversuche bei Leistungskontrollen. Bäuerle hat den Eindruck, dass die Jugendlichen bei Arbeiten viel häufiger auf die Toilette müssen als in früheren Jahren, und hat den Verdacht, dass sie dort Lösungen übers Handy abrufen. Da hilft es auch nicht, die Geräte vorher einzusammeln. Er habe auch schon einen Fall gehabt, wo ein Schüler ein zweites Handy dabeihatte. „Es passieren leider so schon Dinge, die wir nicht verhindern können. Was würde erst passieren, wenn wir es freigeben?“, fragt der Rektor. Die vergleichsweise rigide Regelung der Handynutzung sei von der Schulkonferenz beschlossen, der gemeinsamen Vertretung der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft. „Ich sehe aktuell keinen Anlass für eine Lockerung“, sagt Bäuerle.
Rektorin wünscht sich Vorschläge von der SMV
Sabine Aab, die Rektorin der Torwiesenschule, wünscht sich eine Neuregelung. An der kleinen privaten Grund- und Realschule in Heslach gilt aktuell, dass Handys „stumm und unsichtbar“ sein müssen. So steht es in der Hausordnung. Das bedeutet, sie sind grundsätzlich auf dem gesamten Schulgelände verboten. Nur in der Mittagspause dürfen sie in der Aula genutzt werden. „Ich persönlich finde diese Regelung aber nicht mehr zeitgemäß. Ich schaue zwischendurch auch aufs Handy“, sagt Sabine Aab. Das Mobiltelefon gehöre mittlerweile zum Alltag, jeder müsse für sich einen guten Umgang damit finden. Es sei auch Aufgabe einer Schule, das zu vermitteln. Sie rege jedes Jahr bei der SMV an, das Thema anzugehen und Vorschläge für eine neue Handynutzungsordnung zu machen. „Aber es kommt nichts“, bedauert die Rektorin.
Handys außerhalb des Schulgebäudes erlaubt
Nur sehr wenige Einschränkungen rund ums Handy gibt es an der Jörg-Ratgeb-Schule, einem Schulverbund aus Realschule und Gymnasium in Stuttgart-Neugereut. Dort darf das Mobiltelefon außerhalb des Schulgebäudes genutzt werden, also auch auf dem Pausenhof. „Das ist kein liberaler Geist, der durch das Haus wabert. Das hat praktische Gründe“, sagt der Rektor Guntram Haag. Es gehe unter anderem darum, dass insbesondere jüngere Schülerinnen und Schüler zu Hause Bescheid geben könnten, wenn Unterricht ausfalle und sie früher nach Hause kämen.
Haag ist bewusst, dass die Handynutzung in den Pausen negative Begleiterscheinungen haben kann. „Aber ich will das nicht künstlich hochkochen und keine Bekenntnissache daraus machen“, sagt der Rektor. Er beobachte auch nicht, dass ein Großteil der Kinder und Jugendlichen in den Pausen nur noch aufs Handy schaue. Insbesondere bei den Jüngeren seien die umliegenden Sport- und Spielplätze sehr beliebt. Natürlich könne er nicht ausschließen, dass die Schülerinnen und Schüler auf dem Schulgelände mit ihrem Handy auch mal „unredliche Dinge“ machten. Dann seien die Lehrkräfte aufgefordert, genau hinzuschauen und im Zweifel einzugreifen. Die Elternschaft trage diese Regelung mit, „sie baut auf das Handeln der Schule“, sagt Haag.
So geht es an der Waldorfschule weiter
Und wie geht es an der Michael-Bauer-Schule weiter? „Es zeichnet sich ab, dass die Nutzung privater Handys stark eingeschränkt bleibt. Doch die Oberstufe, die bei uns an der Waldorfschule die Klassenstufen 9 bis 13 umfasst, soll einen Raum für sich bekommen, in denen Mobiltelefone erlaubt sind“, sagt Palle Antons. Beschlossen sei das aber noch nicht.
Was für und was gegen ein Verbot spricht
Landesschülerbeirat
Im Unterricht müsse das Handy stumm in der Tasche bleiben. In den Pausen gebe es aber keinen Grund für ein Verbot, sagt Berat Gürbüz, der Vorsitzende des Landesschülerbeirats. Dieser unterstütze Vertreter der Schülermitverantwortung, wenn an Schulen neue Regeln zum Umgang mit dem Handy eingeführt werden sollen. „Aufgrund unserer Erfahrung können wir Tipps geben, wie man an die Sache rangehen könnte.“
GEB
Der Stuttgarter Gesamtelternbeirat gibt keine Empfehlung. „Jede Schule kann das für sich am besten regeln, weil sie ihre Schülerschaft am besten kennt“, sagt die kommissarische Vorsitzende Manja Reinholdt. Üblicherweise lege die Schulkonferenz die Regeln fest und passe sie an, wenn nötig. Für Reinholdt ist genau das der richtige Weg.
Experten
David Martin von der Uni Witten/Herdecke ist sicher: „Es wäre besser für die Gesundheit, die Konzentrations- und Lernfähigkeit der Kinder und vor allem für deren Sozialisation, wenn Schulen Handyverbote aussprechen. Ganz besonders in den Pausen sollten diese nicht genutzt werden dürfen“, sagte der Experte für Bildschirmmedien bei der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Jugendschutz-Experte Benjamin Thull von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg hingegen hält Verbote für kontraproduktiv. „Das Smartphone ist das Medium, über das sich alles abspielt. Es aus der Schule zu verbannen, halte ich für einen Fehler“, sagte er der dpa.