Grundsicherung trotz Rente: Hunderttausende Menschen sind im Alter trotz ihrer Bezüge aus der Rentenkasse auf zusätzliche Hilfe angewiesen. Dass ihre Zahl steigt, hängt auch mit einer gesetzlichen Änderung zusammen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Wer in Deutschland seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten kann, bekommt zur Grundsicherung seiner Bedürfnisse Sozialhilfe – auch viele Rentner. Immer mehr von ihnen beziehen zusätzlich Grundsicherung. Die Zahl der Bezieher stieg von rund 414 000 Ende 2020 auf 469 000 im September 2023, wie aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamts hervorgeht.

 

Was ist der Grund für die höhere Zahl an Beziehern von Grundsicherung?

Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung in Berlin ist der Zuwachs hauptsächlich auf die Auswirkungen einer Freibetragsregelung zurückzuführen. Diese Freibetragsregelungen waren mit der Anfang 2021 gestarteten Grundrente eingeführt worden. Das Ziel war, dass Menschen mit besonders geringem Lohn Altersbezüge über der Grundsicherung erhalten.

Wer mindestens 33 Jahre Beiträge für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege geleistet, aber besonders wenig verdient hat, kann seit Januar 2021 einen zusätzlichen Freibetrag bei der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung im Alter geltend machen. So sind 2021 bis zu 223 Euro der Rente bei der Grundsicherung anrechnungsfrei geblieben, 2023 bis zu 251 Euro.

„Wer mit seinem Einkommen bisher knapp über einem Grundsicherungsanspruch lag, kann durch den neuen (jährlich steigenden) Freibetrag anspruchsberechtigt werden“, sagt eine Sprecherin der Rentenversicherung. „Damit erklärt sich die Zunahme der Zahlen.“

Wie hat sich die Zahl der Bezieher entwickelt?

  • 2010 bezogen erst 283 000 Rentner Grundsicherung im Alter.
  • 2015 waren es bereits über 414 000.
  • Ende 2022 waren es dann rund 454 000 – davon 249 000 Frauen und 205 000 Männer.
  • Bei rund 16,3 Millionen Bezieherinnen und Beziehern einer Altersrente (Ende 2020/2021 jeweils rund 16,2 Millionen) entspricht dies einer Grundsicherungsquote von rund 2,8 Prozent (Ende 2020/2021 rund 2,6/2,7 Prozent).
  • Insgesamt war die Zahl der Senioren mit Grundsicherung im Alter in den vergangenen Jahren gestiegen. So waren Ende 2020 mehr als 564 000 Menschen in Deutschland auf die staatliche Grundsicherung angewiesen – der höchste Wert zum Jahresende seit der Einführung der Leistung 2003.

Was ist die Grundsicherung?

Die Grundsicherung ist Teil der aus Steuergeldern staatlich finanzierten Sozialleistungen. Sie wird seit dem 1. Januar 2023 auch Bürgergeld genannt.

Sie soll den Lebensunterhalt von bedürftigen Menschen – wie beispielsweise Bezieher von gesetzlichen Renten, die nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts ausreicht, sicherstellen. Man spricht auch vom Aufstocken einer geringen Rente durch die Grundsicherung im Alter.

Wenn die Einkünfte im Alter oder bei voller Erwerbsminderung nicht für den Lebensunterhalt ausreichen, kann ein Deutschland lebender Bürger Grundsicherung beantragen. Darin sind alle Leistungen enthalten, die nach dem Sozialhilferecht, wie es im zwölften Sozialgesetzbuch festgelegt ist, gezahlt werden.

Wie hoch ist die Grundsicherung?

Ab dem 1. Januar 2024 gelt für die Grundsicherung neue Regelsätze:

  • Regelbedarfsstufe 1: 563 Euro (erwachsene Person, die in einer Wohnung lebt)
  • Regelbedarfsstufe 2: 506 Euro (erwachsene Person, die in einer Wohnung mit einem Ehegatten oder Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschafts-ähnlicher Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebt)
  • Regelbedarfsstufe 3: 451 Euro (erwachsene Person in einer stationären Einrichtung)
  • Regelbedarfsstufe 4: 471 Euro (Jugendliche oder einen Jugendlichen vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres)
  • Regelbedarfsstufe 5: 390 Euro (Kind vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres)
  • Regelbedarfsstufe 6: 357 Euro (Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres)

Wie werden Rente und Grundsicherung verrechnet?

Die Rentenbezüge werden auf die Grundsicherung angerechnet. Das hat zur Folge: Steigt die Rente, sinkt automatisch die Grundsicherung und die Betroffenen gehen bei einer Rentenerhöhung leer aus.

Wie hoch ist die Grundsicherung für Rentner?

Die Bezuschussung hängt davon ab, welches Einkommen jemand insgesamt hat. Dazu gehört neben der gesetzlichen Rente beispielsweise auch ein Verdienst, den ein Rentner aus einer zusätzlichen Nebentätigkeit bezieht.

Wer durch den Bezug von Grundsicherung mehr Geld erhält, als er durch die gesetzliche Rente und möglicherweise weitere Einkommen zur Verfügung hat, kann durch die Grundsicherung im Alter aufstocken. Wie hoch die Grundsicherung ist, hängt davon ab, welchen finanziellen Bedarf man hat.

Hier eine Beispielrechnung:

  • Ein Rentner erhält die volle Regelleistung in Höhe von 563 Euro.
  • Seine Warmmiete beträgt 460 Euro.
  • Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag von 1023 Euro.
  • Seine monatliche Rente beträgt 810 Euro.
  • Die Differenz (1023 Euro - 810 Euro), also 213 Euro wird ihm monatlich an Grundsicherung zusätzlich ausgezahlt.
  • Hat der Rentner ein zusätzliches Einkommen, beispielsweise einen Minijob, so wird dieses teilweise angerechnet.

Fazit: Die Höhe der Grundsicherung für Rentner ist individuell unterschiedlich – je nachdem, wie hoch das gesamte monatliche Einkommen ist.

Gibt es eine Einkommensgrenze für Grundsicherung?

Als Faustregel gilt: Wenn das gesamte Einkommen unter 1016 Euro liegt, besteht ein Anspruch auf Grundsicherung.

Wer also mit der gesetzlichen Rente und eventuell einem zusätzlichen Erwerbseinkommen weniger als 1016 Euro im Monat zum Leben hat (inklusive Kaltmiete, Nebenkosten wie Wasser, Strom etc.) erhält eine Aufstockung seiner Rente durch die Regelleistungen der Grundsicherung im Alter (mit dpa-Agenturmaterial).