„Rise of the Ronin“ ist angetreten, um eine Lücke zu füllen zwischen „Ghost of Tsushima“ und dem nächsten Assassin’s Creed. Erfüllt das Actionspektakel diesen Anspruch?

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Elegant-brutale und blutstrotzende Kämpfe mit Schwert, Speer und Pistolen, aber auch Schleichmissionen und Meuchelmorde vor der exotischen Kulisse Japans des 19. Jahrhunderts bietet das neue Videospiel „Rise of the Ronin“, das dieser Tage erschienen ist. Lohnt sich der Kauf, auch wenn Ubisoft mit einem neuen Assassin’s Creed mit Japan-Setting in den Startlöchern steht? Und ist „Rise of the Ronin“ einfach nur ein Klon von „Ghost of Tsushima“? Fragen über Fragen.

 

Das neue Abenteuer aus dem Hause Sony Interactive Entertainment, programmiert von Team Ninja, punktet vor allem mit zwei Elementen: Einem spannenden historischen Hintergrund sowie einem komplexen und fordernden Kampfsystem. Federn lässt das Spiel allerdings bei der Grafik, die für 2024 einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Aber der Reihe nach.

Um was geht es?

„Rise of the Ronin“ beginnt einigermaßen klischeebeladen mit einem Paar junger Zwillinge, die im bürgerkriegsähnlichen Aufruhr Mitte des 19. Jahrhunderts in Japan zu Waisen und von einer geheimen Kämpfertruppe zu Ronin ausgebildet werden. Im Kampf gegen einen dubiosen Feind geht einer der Zwillinge verloren, sein Bruder (wahlweise auch die Schwester) macht sich auf, ihn oder sie zu finden.

Den historischen Hintergrund bildet das technologisch zurückgebliebene, in feudalen Strukturen erstarrte Japan, das sich mit dem überlegenen Westen in Form einer militärisch aufgerüsteten und wirtschaftlich potenten USA auseinandersetzen muss. In dieser Gemengelage entfaltet Team Ninja eine Story um Geheimnisse, Loyalität, Rache und Verrat und sonstige Elemente, die brutale Kämpfe um Leben und Tod erforderlich machen.

Was bietet „Rise of the Ronin“?

Das neue Videospiel ist ein reinrassiges Action-Rollenspiel in einer offenen Spielwelt, in der die Spieler jede Menge Möglichkeiten haben. Das beginnt bei der Charaktergestaltung, bei der man seine Figur bis ins Detail entwerfen kann, reicht über ein vielfältiges Crafting-System, mit dem sich Waffen und Rüstungen schmieden und verbessern lassen, bis hin zu einem komplexen Kampfsystem, für das es jede Menge Tastenkombinationen auswendig zu lernen gilt.

Die Missionen sind zahlreich und teilweise drei Fraktionen zugeordnet, denen sich die Spieler anschließen können, was sich dann auf die weiteren Missionen und Loyalitäten auswirkt. Die Geschichte, die Team Ninja in „Rise of the Ronin“ erzählt, leidet etwas unter ihren Klischees, aber das unverbrauchte Setting sorgt für jede Menge Spielspaß und Abwechslung. Die Kombination aus altem Japan und moderner, stählerner USA gibt dem Spiel einen gewissen Steampunk-Charme. Wie es sich für ein Action-Rollenspiel mit offener Welt gehört, gilt es jede Menge Objekte (Katzen!) zu sammeln und Orte abzuklappern. Ein früh verfügbares Schnellreisesystem verkürzt dabei die Wege deutlich.

Ein Tipp für die Extraportion Atmosphäre: Beim Ton die Dialoge auf Japanisch stellen. Das gibt „Rise of the Ronin“ besonderen Charme, zumal die deutsche Synchronisation nicht durchweg überzeugt.

Welche Schwächen hat das Videospiel?

Bereits früh in einer der ersten Missionen auf einem amerikanischen Kriegsschiff sorgt die Grafik für lange Gesichter. Einheitliche, teils sogar matschige Texturen, in die ziemlich lieblos Objekte hinein geklebt worden sind, immer wieder begrenzte Bewegungsfreiheit, die aus der offenen Welt phasenweise regelrechte Schlauchlevel machen und flache Beleuchtungseffekte lassen „Rise of the Ronin“ häufig ins grafische Mittelmaß rutschen. Was da inzwischen möglich ist, hat kürzlich „Avatar: Frontiers of Pandora“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Die Kämpfe immerhin sind toll inszeniert und grafisch stark umgesetzt. Doch ein ums andere Mal beschleicht einen das Gefühl, dass die offene Welt im Wesentlichen eine schnell hingepinselte Kulisse bildet fürs Kampfgeschehen. Auch wenn in den Arealen von der KI gesteuerte Menschen unterwegs sind, bleibt alles in allem ein Gefühl hölzerner Leblosigkeit.

Eine Stärke von komplexen Actionrollenspielen ist außerdem zugleich immer auch eine Schwäche: „Rise of the Ronin“ bietet so viele Möglichkeiten, dass es gelegentlich in Arbeit ausarten kann, und es braucht auch eine Weile, bis sich Spieler ins Spielsystem hineingefuchst haben.

Starkes Spiel mit grafischen Schwächen

Freunde von kampfbetonten Action-Rollenspielen können bei „Rise of the Ronin“ gerne zugreifen. Mehrere Schwierigkeitsgrade sorgen dafür, dass sowohl Gelegenheitszocker als auch frustrationstolerante Fans von sogenannten Souls-Likes mit kerniger Schwierigkeit auf ihre Kosten kommen.

Die Geschichte von „Rise of the Ronin“ und Kämpfe begeistern für Dutzende Stunden, Schwächen in der Grafik schmälern den Genuss etwas, ohne dass aber letztlich vom Kauf abzuraten wäre.

„Rise of the Ronin“ ist auf der PlayStation 5 erschienen und kostet je nach Version ab 59 Euro aufwärts.