Zwei Gebäude sollen für den Rosensteintunnel fallen. Die Bewohner haben ein Kaufangebot der Stadt erhalten, fühlen sich aber über den Tisch gezogen. Nun erwägen sie eine Klage gegen den Bau der Straßenröhre.

Stuttgart - In der oberen Pragstraße droht eine Auseinandersetzung um Häuser: Die Eigentümer von Wohnungen in den Gebäuden Pragstraße 150 und 152 wollen nicht ohne Widerstand dem Bau des Rosensteintunnels weichen. „Mit den von der Stadt gebotenen Kaufpreisen für unsere Wohnungen kann sich niemand auf dem teuren Stuttgarter Immobilienmarkt eine neue Bleibe kaufen“, sagt ein Betroffener. Falls die Stadt ihre Kaufofferte nicht deutlich erhöhe, „bleibt uns nichts anderes übrig, als gegen den Tunnelbau zu klagen“. Die Stadt will die Häuser abreißen, weil es dort nach dem Tunnelbau wegen des höheren Verkehrsaufkommens „sehr problematische, gesundheitsgefährdende Luftschadstoffwerte“ gebe.

 

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben die Wohnungseigentümer den Rechtsanwalt Roland Kugler eingeschaltet. „Die für die Verhältnisse auf dem Stuttgarter Immobilienmarkt sehr niedrigen Kaufangebote der Stadt haben bei meinen Mandanten zu Irritationen geführt“, sagt Kugler. Wenn man die Angebote umrechne, ergäben sich Quadratmeterpreise, die nur um 1500 Euro lägen.


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Anwohner fürchten, keine neue Bleibe zu finden

„Das ist für meine Mandanten in keiner Weise akzeptabel“, stellt Kugler fest. Bei den Bewohnern handele es sich um einfache Leute, die ihre Eigentumswohnungen vor Jahren erworben und mit viel Engagement modernisiert hätten. Der Markt für solche Wohnungen in einfacher bis mittlerer Lage habe sich in den vergangenen Monaten sehr dynamisch entwickelt. „Die Preise sind innerhalb eines Jahres um sieben bis acht Prozent gestiegen“, so der Anwalt. Deshalb könne sich kein Betroffener mit den von der Stadt angebotenen Kaufsummen eine andere Wohnung in gleicher Größe und vergleichbarer Lage leisten.

„Aus diesem Grund haben mich einige Bewohner der beiden Häuser beauftragt, beim Verwaltungsgerichtshof des Landes Klage gegen den Bau des Rosensteintunnels einzureichen, falls keine befriedigende Lösung gefunden werden sollte“, erklärt Kugler. Als Begründung für den Gang vor Gericht führt er an, „dass die Häuser nach dem Bau des Rosensteintunnels wegen der dann vorhandenen hohen Schadstoffwerte nicht mehr bewohnbar sein werden“.

Luftqualität verschlechtert sich

Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Umweltgutachten belegt, dass die heute schon schlechte Luftqualität zwischen der Südeinfahrt des Pragtunnels und dem Nordportal der unter dem Rosensteinpark geplanten Röhren noch schlechter wird. Nach dem Tunnelbau liege der Jahreswert für Stickstoffdioxid (NO2) mit 95 Mikrogramm um elf höher als vorher. Der Jahresgrenzwert für NO2 liegt bei 40 Mikrogramm. Wegen der hohen Belastung ist es das Ziel der Stadt, „das Wohnen an dieser Stelle aufzugeben“. Ansonsten müssten teure Lüftungsanlagen eingebaut werden.

Diese Investition käme die Stadt weitaus teurer als bessere Angebote an die Hausbewohner, findet Kugler. „Meine Mandanten haben mir gesagt, dass sie sich einen Vertragsabschluss nur dann vorstellen können, wenn die Stadt ihr Angebot mindestens um 25 Prozent aufstockt.“ Das Geld müsse reichen, um neues Wohneigentum erwerben zu können. „Die Stadt könnte allerdings im Tausch auch gleichwertige Ersatzwohnungen anbieten.“

Stadt ist mit Anwalt im Gespräch

Im Amt für Liegenschaften sind die finanziellen Vorstellungen der Wohnungseigentümer bekannt. Insgesamt gehe es an der oberen Pragstraße Erwerb von 27 Wohnungen, heißt es dort auf Anfrage. In der Sache sei man mit dem Anwalt der Bewohner im Gespräch. Zur Zeit werde auch der bauliche Zustand der beiden Häuser geprüft. Dabei könne es durchaus sein, dass man hinsichtlich des baulichen Zustands zu unterschiedlichen Ansichten und Bewertungen komme.