Schon vor 15 Jahren hat Joachim Rapp die Meinung vertreten, dass es für die Region ausreichend sei, eine Kreishandwerkerschaft Stuttgart Ost aus den Kreisen Göppingen, Esslingen und Rems-Murr zu bilden, sowie ein westliches Pendant aus den Kreisen Böblingen, Ludwigsburg und der Landeshauptstadt selbst.

Waiblingen - Aus der Welt des Handwerks im Rems-Murr-Kreis ist er kaum mehr wegzudenken: Seit dem Jahr 1982 steuert Joachim Rapp aus der Waiblinger Kreishandwerkerschaft die Geschicke der Innungen an Rems und Murr. Eine Arbeit, die ihn voll in Beschlag genommen hat. Denn der Volkswirt hat nicht nur für die Handwerker umfangreiche Beratungen geleistet, er hat an gut 100 Tagen pro Jahr Abendtermine absolviert, hat zahlreiche Initiativen zur Ausbildungsförderung mit angestoßen und war obendrein als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht tätig. Heute Abend wird Joachim Rapp im Waiblinger Bürgerzentrum in den Ruhestand verabschiedet, der 31. Juli ist sein letzter Arbeitstag.

 

Nur vier Tage als Einarbeitungszeit

„Ich habe die perfekte Rems-Murr Vergangenheit“, sagt der 63-Jährige. In Schorndorf 1951 geboren, wuchs er in Waiblingen auf. Er studierte in Tübingen Volkswirtschaft. Danach arbeitete er für eine Unternehmensberatung, die im Saarland und im Ruhrgebiet Stahlwerke auf die Einhaltung der Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft kontrollierte. Man sei dabei sehr viel unterwegs gewesen, erinnert sich Rapp. Er war 30 Jahre alt, als er sich für den Job in der Kreishandwerkerschaft entschied und nach Weissach im Tal zog. Dass er drei Jahrzehnte deren Geschäftsführer sein sollte, habe er sich damals nicht vorstellen können.

Die Einarbeitungszeit von seinem Vorgänger sei gerade vier Tage lang gewesen, erinnert sich Rapp heute. Trotzdem habe er sich von Anfang an gut im Rems-Murr-Kreis aufgehoben gefühlt. Schließlich stehe er als Geschäftsführer ja in einem Spannungsverhältnis. Er müsse nicht nur den verschiedenen Interessen seiner Handwerker gerecht werden, sondern auch deren Belange gegenüber Politik und Verwaltung vertreten. Die Innungen im Kreis habe er diesbezüglich „als sehr geschlossen“ erlebt, sagt Rapp. Das „Netzwerken“ habe ihn viel Vergnügen bereitet. „Langweilig war mir an keinem Tag.“

Eine große Herausfordererungen seiner Arbeit war es, die Doppelstrukturen, die sich aus der Kreisreform 1973 ergeben hatten, zu bereinigen. Die meisten Handwerkerinnungen gab es in Backnang und Waiblingen in doppelter Ausführung. Nach und nach fusionierten sie. Das habe mit wenigen Ausnahmen gut geklappt, sagt Rapp, der sich noch größere Organisationseinheiten vorstellen kann.

Schon vor 15 Jahren habe er die Meinung vertreten, dass es für die Region ausreichend sei, eine Kreishandwerkerschaft Stuttgart Ost aus den Kreisen Göppingen, Esslingen und Rems-Murr zu bilden, sowie ein westliches Pendant aus den Kreisen Böblingen, Ludwigsburg und der Landeshauptstadt selbst. Eine solche Fusion würde die Verwaltungsarbeit straffen, und die Nähe zu den jeweiligen Verwaltungen sei dennoch gegeben, glaubt Rapp.

Wegfall der Meisterpflicht zweispältig gesehen

Zwiespältig sieht er, dass vor rund zehn Jahren die Meisterpflicht in 53 Berufsgruppen weggefallen sei. Im Sinne des Verbraucherschutzes wäre es besser gewesen, daran festzuhalten, sagt Rapp. In einigen der freigegebenen Berufe sei die Zahl der Betriebe stark angewachsen, doch etliche von ihnen hätten nur wenige Beschäftigte und bildeten selbst nicht mehr aus.

Ganz verabschieden wird sich Joachim Rapp nicht aus seinem Metier. Zwei Projekte möchte er ehrenamtlich begleiten: Die Initiative Vera, welche Ausbildungsabbrüche verhindern soll, und die Initiative Boris, welche die Berufswahl der Schüler von allgemeinbildenden Schulen stärkt. Zunächst wolle er jedoch „wieder Herr über meine Zeit sein“, betont Joachim Rapp. Er wolle sich mehr um seine Enkel kümmern und sich dem Motorradfahren widmen.