Die Akzeptanz der millionenteuren Sanierung des Großen Hauses im Oberen Schlossgarten hängt auch mit dem Standort für eine Interimsspielstätte zusammen. Das Land und die Intendanz aber drücken sich bisher vor einer echten Prüfung der Alternativen.

Stuttgart - An diesem Montag berät der Verwaltungsrat der Württembergischen Staatstheater erneut über die Sanierung und Erweiterung des Stuttgarter Opernhauses. Einen wirklichen Durchbruch erwarten die Teilnehmer von dem Treffen allerdings nicht. Im Sommer hatte das Gremium den Auftrag an die federführende Landesbauverwaltung erteilt, die im sogenannten Kunkel-Gutachten vorgeschlagenen Neu- und Umbauten rund um den historischen Littmann-Bau hinsichtlich der Kosten- und Zeitpläne zu konkretisieren. Viel passiert ist seither allerdings nicht. Die Folge: Die Verwaltungsräte, darunter auch Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne), werden sich wohl mit einem Sachstandsbericht zufrieden geben müssen, welche Prüfungsaufträge gerade bearbeitet werden – und welche nicht.

 

Die Ersatzspielstätte ist der umstrittenste Punkt der Pläne

Zu letzterer Kategorie gehört der wohl umstrittenste Punkt der Pläne: der Standort für eine Interimsoper während der mindestens fünf- bis siebenjährigen Umbauzeit. Die Gutachter und der geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks favorisieren eine Lösung in unmittelbarer Nähe zur Oper (siehe Interview unten). Der Eckensee im Oberen Schlossgarten könnte demnach mit einem bis zu fünfstöckigen Gebäude mit 1400 Sitzplätzen überbaut werden, das optisch anspruchsvoll gestaltet sein und allen technischen und akustischen Voraussetzungen für Opern- und Ballettaufführungen genügen müsste.

Dagegen gibt es sowohl bei Naturschutzverbänden als auch in der Bürgerschaft und der Politik erhebliche ökologische und städtebauliche Vorbehalte. OB Kuhn bezeichnete die Eckensee-Variante als „nicht der Weisheit letzter Schluss“, sein Parteifreund und Baubürgermeister Peter Pätzold hält überhaupt nichts von einer Bebauung im Oberen Schlossgarten, und der CDU-Landtagsabgeordnete Reinhard Löffler sieht bessere und kostengünstigere Alternativen. Der auch im Rathaus diskutierte Umzug in eines der Möhringer Musical-Theater scheint weder dem Intendanten noch der Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) eine Überlegung wert zu sein. Bisher hat jedenfalls laut dem Eigentümer Stage Entertainment niemand Kontakt mit den Betreibern der Musical Halls aufgenommen.

Kaum durchsetzbar erscheint auch eine andere Möglichkeit, nämlich der Bau eines Ersatzgebäudes entlang der Schillerstraße zwischen dem Hotel am Schlossgarten und dem Königin-Katharina-Stift, wie er vom SPD-Staatssekretär Peter Hofelich ins Spiel gebracht worden war. Die SPD im Stuttgarter Gemeinderat sowie der Konzertveranstalter Michael Russ können sich zwar den Neubau einer Konzerthalle vorstellen, die dann vorübergehend als Ersatzoper fungiert. Doch für die Grünen und sogar für Teile der CDU-Ratsfraktion sind die dafür notwendigen Baumfällungen in Sichtweite der S-21-Großbaustelle eine Horrorvorstellung.