Dackel mit Kurzhaarfrisur, Winzhunde mit Schleifchen und Pudel mit Löckchen: Wer auf dem Dogwalk bestehen wollte, musste schon einiges zu bieten haben.  

Stuttgart - Musik liegt in der Luft. Da und dort dröhnt der Bass eines Schäferhunds. Aber gleich am Eingang der Messehallen klingt es, als würden sich keifende Damen über ein furchtbar wichtiges Thema in die Wolle geraten. Am Stand des Chihuahua-Clubs Deutschland tönt ein helles Kläffen aus Knöchelhöhe empor. Die kurzbeinigen Käfiginsassen scheinen sich einiges zu sagen zu haben.

 

Es ist Messezeit auf den Fildern. Und kaum eine andere Veranstaltung im Jahreskalender verursacht mehr lautstarken Trubel als die Animal – die Ausstellung für alles, was vier Pfoten, zwei Flügel oder womöglich sogar eine schuppige Haut hat. Wer am Wochenende durch die Hallen der Heimtiermesse flaniert, erkennt, dass das Tier immer mehr zum modernen Lifestyle-Begleiter wird: Vielleicht war früher manches besser, aber früher gab es definitiv noch kein „innovatives Leuchthalsband“ für den Hund, das optisch stark an ein Fahrradschloss erinnert. Und wie konnte man eigentlich ein Haustier halten, ohne es in einem „Wellnessbett“ ruhen zu lassen, mit einem Hunde-Müsliriegel aufzupäppeln und die Haare anschließend mit einem Spezialstaubsauger zu entfernen?

Gehätschelt und getätschelt

Auf der Animal wollen Hund, Katze, Maus gehätschelt und getätschelt werden. Schließlich gibt es zwei Tage lang eine Menge Pokale zu gewinnen. Gesucht werden der schönste Terrier, der am kunstvollsten frisierte Pudel, der Pinscher mit der tollsten Tolle. Das verlangt Wettkampfhärte und Teamgeist – von Herrchen, Frauchen und Tier. Da und dort kämpfen Paare gemeinsam um das schönste Fell ihres Schützlings: Er hält die Leine und redet mit beschwörend ruhigem Tonfall auf den Hund ein, sie ringt mit Bürste, Kamm und Puder um jeden Quadratzentimeter Fell.

Auf dem Dogwalk, der zum Ruhm führt, kommen nur die Schönsten durch. Die Frisuren der Hunde spiegeln – nach der fürsorglichen Behandlung – die wichtigsten Modetrends der vergangenen Jahrzehnte wider: Da latschen Hippies vor den Augen des Preisgerichts durch die Arena, es gibt Dackel mit Kurzhaarfrisuren, Winzhunde mit aparten Schleifchen im Fell und Pudel mit adretten Löckchen, die in den achtziger Jahren als Minipli schick waren. Das Tierische scheint allzu menschlich. Schon nachmittags zeigt sich, wie zehrend der Kampf um die Schönheit sein kann. Die Hundebesitzer – die auf der Animal zugleich Betreuer, Friseure, Viasagisten und Psychologen für ihre Tiere sind – lümmeln erschöpft in den mitgebrachten Klappstühlen. Und bei all der Aufregung ist auch dem einen oder anderen Schützling ein Malheur passiert, weil es zu sehr pressiert hat, um noch rechtzeitig das Außengelände zu erreichen. Egal: wozu gibt es eifrige Helfer, die mit Kehrbesen und Schäufelchen bewaffnet ihre Runden durch die weitläufigen Hallen drehen?

Mit Schlangen um den Hals

Doch die Messe kommt nicht nur auf den Hund. So sehen die Besucher auch Zoofachverkäuferinnen, die sich zum Ausweis ihrer Fachkompetenz und womöglich auch aus Werbegründen Schlangen um den Hals legen. Nebenan robbt eine Schildkröte durch eine Box, dürfen Kinder auf Ponys ihre ersten Reitstunden erleben. Und wer nicht auf vermeintlich treue Hundeaugen steht, sondern auf Charakterkatzen, der wird auf der Rassekatzen-Ausstellung fündig.

Auch das Springreiten ist für den Heimtierbedarf neu erfunden worden. Jedenfalls ähneln die Hindernisse stark jenen, die Pferdefreunde aus dem Turnierbetrieb kennen – auch wenn sie lediglich kniehoch sind. Aber es treten auch keine Rassepferde an, sondern Kaninchen.

Die Sportart nennt sich Kaninhop und begeistert, zumindest an diesem Wochenende, vor allem Mädchen, die noch nicht alt genug sind, um auf Tokio-Hotel-Konzerte zu gehen. Und so hoppeln auf der Heimtiermesse tatsächlich Kaninchen über putzige Hindernisse, die auch gut als Dekoration in Modelleisenbahnlandschaften passen würden. Was das Allerbeste an dieser Sportart für Heimtierfreunde ist? Kaninchen bellen nicht, wenn sie keine Lust mehr haben.