Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hat den Lehrern untersagt, zu schulischen Zwecken über soziale Netzwerke zu kommunizieren. Lehrer und Eltern sehen das positiv – und der Datenschutzbeauftragte schaut nach weiteren Schwachstellen in der Landesverwaltung.

Stuttgart - Die „Handreichung“ des Kultusministers hat mächtig Wellen geschlagen. Andreas Stoch (SPD) hat den Lehrern untersagt, soziale Netzwerke wie Facebook, Google+ oder Twitter für dienstliche Kommunikation mit Schülern zu nutzen, also auf diesem Weg Aufgaben zu verbreiten, Termine oder sogar Benotungen. Die Resonanz könnte bewirken, dass ähnliche Vorgaben für weitere Behörden angemahnt werden.

 

Hintergrund ist der Datenschutz. Der Minister hat die „Verarbeitung von personenbezogenen Daten“ bei Anbietern für unzulässig erklärt, deren Server außerhalb der EU betrieben werden oder zu US-Firmen gehören. Dort seien die Datenschutzstandards nicht mit deutschen oder europäischen Maßgaben vereinbar.

Andreas Stoch weiß das nicht erst, seit der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Jörg Klingbeil, ihm im Januar zum neuen Amt des Kultusministers gratulierte. Die beiden kannten sich schon vorher, Stoch war dereinst datenschutzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Empfehlung der Innenminister

„Öffentliche Stellen in Deutschland sollten grundsätzlich keine werbefinanzierten Kommunikationsplattformen unterstützen, für deren scheinbar kostenlose Nutzung die Teilnehmer mit ihren Daten bezahlen.“ Das ist Klingbeils Haltung. Auch seine Kollegen und die deutschen Innenminister haben Behörden generell zur Zurückhaltung beim Umgang mit sozialen Netzwerken geraten.

Man dürfe niemanden zwingen, sich zum Beispiel bei Facebook anzumelden, nur damit ihm wichtige Informationen zugänglich sind. So hat der Minister seinen Vorstoß begründet. Schließlich gebe es andere durchaus gangbare Kommunikationswege, auf denen ein Informationsaustausch leicht stattfinden könne.

Stoch hat damit das Unbehagen von Eltern und Lehrern aufgenommen, die sich bei ihm gemeldet hatten. Die Pädagogen sind zufrieden. Es habe immer wieder Anfragen von Lehrkräften gegeben, ob und wie soziale Netzwerke eingesetzt werden können, heißt es etwa bei der Bildungsgewerkschaft GEW. „Es war der Bedarf da, Rechtssicherheit herzustellen“, sagt ein Sprecher. Dass der Umgang mit sozialen Netzwerken im Unterricht eine Rolle spielen müsse, stehe auf einem anderen Blatt. Der Landeseltern-, aber auch der Landesschülerbeirat reagieren positiv.

Das Land steht nicht alleine da

Bei der Formulierung der Handreichung haben Lehrer mitgewirkt. Baden-Württemberg steht damit nicht alleine da. Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat im April per Brief die Schulen im Freistaat davon in Kenntnis gesetzt, „dass angesichts enger datenschutzrechtlicher Grenzen soziale Netzwerke für den Austausch dienstlicher Daten nicht geeignet sind“. Selbst ein Konnex, etwa per „Like-it“-Button zu einem Netzwerk „hat zu unterbleiben“. Auch in Schleswig-Holstein gibt es diese Vorschrift. Rheinland-Pfalz und Sachsen werden bald folgen.

Wer den „Like-it“-Button von Facebook drückt, bekommt im Rechner ein Cookie platziert, das der Firma Verbindungsdaten übermittelt. Und die öffentliche Hand soll das befördern? Datenschützer Klingbeil kämpft an vielen Stellen dagegen. Die Polizei sieht in Facebook ein interessantes Kommunikationsmittel. Man könnte dort zum Beispiel Fahndungsaufrufe posten. Klingbeil rät aber, nur auf eigene Seiten verweisen zu lassen.

Auch die Ministerien würden ihre Wohltaten natürlich gerne auf allen Kanälen in die Welt hinausposaunen. Klingbeil hat den Kompromiss erreicht, dass man ein paar Mal klicken muss, bevor ein „Like-it“-Button aufscheint. Er beobachtet das behördliche Tun genau und hat auch schon ein neues Objekt im Auge. Was, will er noch nicht verraten. Die Sache mit den Schulen hat ihm aber Mut gemacht.