Schulphysik Von wegen rote und blaue Kügelchen

Pädagogen suchen ein besseres Modell für die Vermittlung der Welt der Atome und Quanten im Unterricht. Zwei Modelle stehen zur Diskussion.
Stuttgart - Das Problem des Atoms ist seine Winzigkeit, denn die Welt des Allerkleinsten ist recht unanschaulich. Zwischen den Gegenständen unserer Erfahrungswelt liegt zum Beispiel Luft. Doch wenn Lehrer wie Matthias Theis aus Fellbach sich im Unterricht bis zu den einzelnen Luftmolekülen vorgearbeitet haben und die Schüler fragen, was sich denn zwischen denen befinde, fehlt eine Antwort nie: Luft. Intuitiv ist das fast plausibel, naturwissenschaftlich aber falsch. Besser wäre die Antwort: zwischen den Luftmolekülen ist leerer Raum oder Vakuum.
Auch das Vakuum ist nicht einfach Nichts. "Das ist alles andere als langweilig", sagt der Stuttgarter Physikprofessor Tilman Pfau. Je genauer man in dieses Nichts schaut, desto spannender wird es: Licht zieht hindurch, Teilchen kommen und vergehen. "Das Vakuum hat selbst eine Struktur", sagt Pfau. Damit macht Pfau klar: die Sache mit der Anschaulickeit im Allerkleinsten ist kompliziert.
Je genauer das Modell ist, desto komplizierter ist es
Wenn Fernsehmoderatoren in ihren Wissenschaftsshows in die Materie zoomen, gelangen sie zu kleinen roten Kugeln, den Atomkernen, um die blaue Kügelchen, die Elektronen, schwirren. Die Vorstellung lebt hier von der Analogie des Planetensystems - hat aber ihre Grenzen: Weder sind Elektronen Kugeln, noch laufen sie auf Bahnen, und eine blaue Farbe besitzen sie schon gar nicht. Eigentlich ist an diesem Modell nur richtig, dass der Kern irgendwie in der Mitte sitzt.
Und dennoch hat sich dieses Bild des Atoms in das Gehirn zahlloser Schüler eingebrannt. Die Analogie vom Planetensystem auf das Atom drängt sich einfach auf. Tilman Pfau sieht darin auch nichts Falsches: Menschen denken in Bildern ihrer Erfahrungswelt, und der Analogieschluss vom Bekannten aufs Unbekannte, vom Anschaulichen aufs Unanschauliche ist eine gängige wissenschaftliche Methode. "Man muss eben um die Grenzen dieser Modelle wissen", warnt der Physiker.
Für den Lehrer Matthias Theis liegt genau darin die zentrale Herausforderung für den naturwissenschaftlichen Unterricht in der Schule: den Schülern zu erläutern, wozu ein Modell gut ist. Mit dem Bereichsleiter Physik des staatlichen Lehrerseminars in Stuttgart, Franz Kranzinger, haben Theis und einige Lehrerkollegen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle herausgearbeitet. Das Problem: je genauer und exakter das Atommodell, desto komplizierter und unanschaulicher wird es im Mikrokosmos der Physik.
Zwei Modelle sollen diskutiert werden
So glänzt etwa das Planetenmodell, das auf den dänischen Physiker Niels Bohr zurückgeht, mit seiner Anschaulichkeit und ist daher auch für untere Klassenstufen zugänglich. Dafür erklärt es aber nur wenig. Das aktuelle Atommodell der Physik ist wiederum zu kompliziert: Die Schrödinger-Gleichung, eine mathematische Formel, beschreibt Elektronen als eine um das Atom wabernde Wahrscheinlichkeitswolke. Das Elektron befindet sich nicht auf einer festen Bahn, sondern ist gewissermaßen an mehreren Orten gleichzeitig - dies jedoch mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten.
Theis' und Kranzingers Anspruch ist, dass kein Schüler die Mittelstufe verlässt und Elektronen noch als umherflitzende blaue Bällchen sieht. Außerdem sollen Erstsemester in der Physikvorlesung keinen Schreck bekommen, weil sie nicht auf die Schrödinger-Gleichung vorbereitet sind. Die Pädagogen wollen daher zwei Modelle im Kollegenkreis und mit Naturwissenschaftlern diskutieren.
Das eine Modell versucht noch einen Mittelweg der Anschaulichkeit. Da das Begriffsungetüm der Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons in der Mittelstufe ein unüberwindbares Lernhindernis bildet, haben Didaktiker den Begriff "Elektronium" vorgeschlagen - und bezeichnen damit einen Stoff, der den Atomkern umgibt und einem oder mehreren Elektronen entspricht. Das alternative Modell Blackbox verzichtet hingegen auf ein bildhaftes Modell. "Damit vermeiden wir falsche Bilder vom Atom, verlieren aber die Anschauung völlig", erklärt Theis.
Unsere Empfehlung für Sie

Putzanleitung Mauspad reinigen
Nicht nur die Tastatur und die Maus sollten regelmäßig gereinigt werden. Auch das Mauspad sammelt mit der Zeit Schmutz und Staub an. So wird es wieder sauber.

Kultusministerin Eisenmann stellt Prüfbedingungen vor Viele Sitzenbleiber zum Schuljahresende erwartet
Kultusministerin Susanne Eisenmann hat Leitlinien für „faire“ Prüfungsbedingungen in der Corona-Zeit vorgestellt. Das Sitzenbleiben ist – anders als 2020 – wieder möglich. Es gibt aber auch viele schülerfreundliche Punkte.

Ansteckung mit dem Coronavirus Wie man das eigene Infektionsrisiko berechnet
Noch gibt es einige offene Fragen im Hinblick auf die Übertragung des neuartigen Coronavirus. Nun bieten zwei Institute benutzerfreundliche Infektionsrechner an. Sie geben Auskunft darüber, wie hoch das Ansteckungsrisiko ist – zum Beispiel im Klassenzimmer oder bei einer Feier.

Ansteckung und Übertragung So gefährlich sind Kitas und Schulen
Kinder erkranken lange nicht so schwer an Corona wie Erwachsene. Aber bedeutet das auch, dass sie andere nicht anstecken können? Und was zeigen Studien über die Infektionsrisiken an Schulen und in Kitas? Was bislang bekannt ist.

Schulfrei Das sind die Ferientermine 2020 in Baden-Württemberg
Kaum ist das Jahr gestartet, sehnt sich so mancher Schüler schon wieder nach den nächsten Ferien. Doch wann haben die Kinder in Baden-Württemberg 2021 schulfrei? Hier finden Sie eine Übersicht über alle Feiertage und Schulferien.

Coronavirus in Deutschland Umfrage: Lehrer bemängeln erhebliche Wissenslücken bei Kindern
Die Corona-Pandemie hat Deutschland weiter voll im Griff. Darunter leiden auch die Schüler. Nun gaben Lehrer in einer Umfrage an, dass die Krise bei Kindern zu erheblichen Lernrückständen geführt habe.