Die Tausschule Backnang ist bei den Deutschen Schulpreis der Bosch- und der Heidehof-Stiftung ganz vorne gelandet. Die Delegation aus der Murrstadt hat in Berlin den Pokal für einen zweiten Platz bekommen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Berlin/Backnang - Euer Rektor rastet ja richtig aus“, sagt der Moderator Dennis Wilms unmittelbar nach der Bekanntgabe des Ergebnisses in der Parochialkirche in der Klosterstraße in Berlin. Die Backnanger Tausschule hat bei dem renommieren Deutschen Schulpreis einen von vier zweiten Plätzen ergattert. Es ist Montagnachmittag, kurz nach 15 Uhr, und die Stimmung ist prächtig. Alle Backnanger tragen leuchtend grüne Schul-T-Shirts, alle strahlen. Der zweite Platz, ein Pokal und 25.000 Euro für die Schulkasse - was will man mehr?

 

Die sieben Lehrer und die vier Schüler aus Schwaben sind am Vortag mit der Bahn angereist, sie haben sich an diesem Vormittag die Stadt angeguckt, das Regierungsviertel und das Brandenburger Tor. Sie sind mit einem Schiff auf der Spree gefahren und haben immer wieder darüber gesprochen, ob es wohl reichen würde für einen der begehrten Preise. Jetzt muss der Rektor nach vorne auf die Bühne zur zweiten Moderatorin Sandra Maischberger. Wilms fragt derweil die Backnanger Achtklässlerin Saskia, ob der Herr Nossek denn ein netter Schuleiter sei. „Ja, ein sehr netter“, sagt die 15-Jährige und schiebt hinterher: „Aber der alte Rektor war auch ganz toll.“

Walderlebnispfad und Schildkrötenteich

In einem kurzen Filmbeitrag wird die „friedliche Atmosphäre“ an der Tausschule gewürdigt. Höflichkeit und Respekt spielten eine ganz wichtige Rolle. Und dann erzählt Saskia vom Walderlebnispfad an der Schule und vom Schildkrötenteich, vom tollen Miteinander. Maischberger erklärt, die Backnanger Schule sei auf die Entwicklung aller Schüler bedacht, die Lehrer und die Kinder „identifizieren sich voll mit ihrer Schule“.

Zur Verleihung des Preises ist auch hoher Besuch gekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt sich eine kurze Auszeit vom Alltag im Amt. Die Frau Kanzlerin wird später den Hauptpreis an die Anne-Frank-Schule Bargteheide in Schleswig-Holstein verleihen. Doch bevor sie zur Tat schreitet, erklärt Sandra Maischberger, wen die Bosch- und die Heidehof-Stiftung Jahr für Jahr suchten: „Lehrer, die nicht krank sind und zufriedene Schüler.“ Die Jury wolle stets herausfinden: „Was machen diese Schulen anders?“ Dann verspricht Frau Maischberger : „Sie werden ein paar hervorragende Schulen kennenlernen.“

Die Preisverleihung wird an vielen der 15 Schulen in allen Ecken der Republik live angeschaut - public viewing einmal ganz anders. Auch daheim in Backnang steigt zeitgleich ein Festle. In Berlin sagt der Sprecher der Jury, der Bildungswissenschaftler Michael Schratz, die Auswahl der Gewinner sei wieder „ein Raufen und Ringen gewesen“. Den Schulen, die ganz vorne gelandet seien, gelinge es, „mehr aus den Schülern herauszuholen, als diese selbst erwarten“. Die Gewinnerschulen beantworteten die Frage, wie es gelingen könne, junge Menschen bestmöglich auf ein unbekanntes Morgen vorzubereiten.

Die Kanzlerin hat nie die Schule geschwänzt

Angela Merkel genießt das wohlwollende Publikum. Sie plaudert mit Sandra Maischberger über die eigene Schulzeit, berichtet zum Beispiel, dass sie selbst nie den Unterricht geschwänzt habe. „Ich war physisch jedenfalls immer anwesend.“ Das Publikum lacht und applaudiert noch einmal artig. Als es dann ganz konkret um mögliche Verbesserung für Schulen in Deutschland geht, sagt Merkel: „Da bin ich aber nicht der beste Ansprechpartner.“ Die Länder seien zuständig.

Vom Preisgeld gibt es eine Party

Zu den Zweitplatzierten des Schulpreises gehört auch das Gymnasium der Stadt Alsdorf, wo die Schüler selbst bestimmen, wann sie was bei welchem Lehrer lernen. An der Grundschule Comeniusstraße in Braunschweig gib es eine Schnauze-Voll-Ecke, in die sich Kinder verziehen können, wenn sie ihre Ruhe brauchen. Lehrer und Schüler der Gewinnerschulen werden interviewt, einer nach dem anderen. Schließlich steht die Vergabe des Hauptpreises an: Angela Merkel überreicht diesen Pokal an Vertreter der Anne-Frank-Schule. Die Rektorin sagt, die Initialen der Schule könnten auch stehen für authentisch, fortschrittlich, sozial. Seit neun Jahren habe nicht ein einziger Schüler die Schule ohne einen Abschluss verlassen. Das ist der Jury 100.000 Euro wert. Was die Schule mit dem Preisgeld wohl anstellen wird? Das, antwortet die Rektorin, würden Schüler, Lehrer und Eltern demnächst gemeinsam beschließen. Die Backnanger Tausschüler haben sich bereits festgelegt: Sie wollen auf jeden eine große Party schmeißen.