Prinzessin Estelle wird eines Tages Königin von Schweden sein. Ihre Ausbildung hat begonnen. Bald muss die Neunjährige sich von ihren Eltern trennen – wenigstens zeitweise.
Stockholm - Bei ihrer Taufe rügte der jahrzehntelang mit der Königsfamilie befreundete Hofhistoriker Hermann Lindqvist die Namenswahl. „Estelle. Das ist unerwartet und äußerst unpassend“, sagte dieser und setzt noch eins drauf: „Das klingt wie eine Nachtclubkönigin.“
Inzwischen regt sich niemand mehr über ihren Namen auf. Die heute neunjährige Estelle hat einen festen Platz in den Herzen der Schweden. Im Gegensatz zu ihrem fünfjährigen Bruder Prinz Oscar zeigt sie kaum Schüchternheit in der Öffentlichkeit und lässt sich gern von der Presse fotografieren. Mehrere kleine repräsentative Aufgaben hat sie schon mit Bravour gemeistert.
Estelle tobt mit dem Hund im Park
Ansonsten war ihre Kindheit im Palast am idyllischen Hagapark behütet. Seit Neuestem gehört auch der Mischlingspudel Rio zur royalen Familie. Hundevereine regten sich auf, weil er nicht reinrassig ist und damit einer königlichen Familie ungebührlich. Doch Estelle und Oscar toben gern mit ihrer vierbeinigen Promenadenmischung im großzügigen Schlossparkgelände. Auch zum Geburtstag ihrer Mutter vor Kurzem alberte sie ein bisschen herum – wie eine ganz normale Neunjährige. Doch diese behütete Kindheit dürfte bald zu Ende sein. Zumindest ein Stück weit.
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Zwar wollen Vater Daniel und ihre Mutter Victoria, Schwedens nächste Königin, ihrer kleinen Thronprinzessin ein möglichst unbehelligtes Aufwachsen ermöglichen. Als Jugendliche stand Victoria selbst unter so enormem Druck, dass sie Ängste und Essstörungen entwickelte, wie die Familie später offenherzig dem Volk mitteilte. Das soll dieses Mal besser laufen mit Estelle. Die einst als schüchtern geltende Victoria ging damals in die USA. Es sei schön gewesen, dass dort nicht jeder gleich wusste, wer sie sei, erinnerte sie sich einmal.
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Estelle besucht derzeit eine als sehr anspruchsvoll geltende Grundschule. Die dauert in Schweden bis zur 9. Klasse. Parallel dazu durchläuft sie schon jetzt eine Einführung in ihr künftiges Amt. „Man kann ein Land nicht vertreten, wenn man keine Ahnung hat, wie es funktioniert“, sagte die frühere Hofsprecherin Elisabeth Wahlberg, die schon Victoria ausgebildet hat. Estelle werde derzeit fundiertes Wissen über Schweden und die Welt beigebracht, erzählt sie. Sie sei schon bei vielen königlichen Aufträgen mit dabei. Wahlberg fügt hinzu: „Ich glaube, dass Estelle bereits eine recht genaue Vorstellung davon hat, was da an königlicher Arbeit auf sie zukommt.“
Die Eltern kennen einen Trick
Zudem sind da die häufigen Trennungen von den ins Ausland reisenden Eltern. Großvater König Carl Gustaf (75) und seine Ehefrau Silvia (77) sind in die Jahre gekommen und überlassen immer öfter Staatsaufträge dem Kronprinzenpaar. Um Abschiede erträglicher zu machen, hat Victoria einen Trick. Immer wenn sie heimkommt, berichtet sie Estelle und Oscar von Ländern und Menschen, die sie besucht hat. „Ich sehe das als lehrreiche und neugierig machende Möglichkeit, den Kindern von all diesen Dingen zu erzählen. So taten es schon meine Eltern“, sagte die Kronprinzessin.
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Demnächst schon werden sich die Rollen beim Abschiednehmen umkehren. Dann muss Estelle allein ins Ausland und sich von Schloss Haga, den Eltern, dem kleinen Bruder und Pudel Rio verabschieden. Denn Auslandsaufenthalte stehen fest im Programm für zukünftige Monarchinnen. Bei einer Reise in die USA mit ihren Eltern beeindruckte Estelle vor Kurzem nicht nur mit guten Manieren, sondern auch mit ihren für eine neunjährige Stockholmerin bereits überraschend guten Englischkenntnissen.