Nun wird es ernst für den CDU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder. Weil er sich gegen seine Partei stellt, will diese ihn vor die Tür setzen. Dies will Kauder jedoch nicht kampflos hinnehmen.

Hüfingen - Die Szenerie am Donnerstagabend war einer Bundeskanzlerin würdig. Zumindest einem Minister. Es ging aber nur um einen Bundestagskandidaten. Und dann noch einen, der schon nicht mehr nominiert worden war. Vor dem „Hotel Frank“ in Hüfingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) hatte der CDU-Kreisverband mediengerecht eine blaue Wandtafel mit einer Schwarzwaldlandschaft aufgestellt. Im Licht der einsetzenden Dämmerung, trat der Europaabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Andreas Schwab vor die Scheinwerfer der Kameras, um den zwei Dutzend angereisten Fernseh-, Radio und Printjournalisten zu verkünden, was lange erwartet und daher keine Überraschung mehr war: „Mit überwältigender Mehrheit“ von 17 zu zwei Stimmen habe die Kreispartei beschlossen, ihren gegenwärtigen Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder aus der Partei auszuschließen. Von den 25 stimmberechtigten Mitgliedern des Kreisvorstandes waren 19 erschienen.

 

Kauder habe der Partei mit seiner Einzelkandidatur und negativen Äußerungen in der Presse konkreten Schaden zugefügt, als er sich „klar gegen die CDU positioniert“ habe. Kauder bestreitet eben dies. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber dem CDU-Kreisvorstand führt er an, er es werde ihm vorgehalten, „Unruhe“ geschaffen zu haben. „Unruhe aber, die durch Meinungsvielfalt entsteht, stellt keinen Schaden für eine Partei dar“, so Kauder. Außerdem müsse man seine Leistungen als CDU-Mitglied und Abgeordneter in einer Gesamtschau bewerten. Kauder sitzt seit 2002 für die CDU im Deutschen Bundestag.

Kauder will sich wehren

Diese und andere Positionen wiederholte der Jurist bei einer Pressekonferenz am späten Abend in Donaueschingen. Dort kündigte er auch an, sich gegen die Entscheidung des Kreisvorstandes wehren zu wollen. Kauder griff das Verfahren der Kreispartei an, plädierte für mehr Meinungsfreiheit für CDU-Abgeordnete und Parlamentarier allgemein, denn diese hätten keinen „Maulkorb“ nötig, und wiederholte seinen Vorwurf, bei der ersten Nominierungsversammlung im Juli 2012 habe es Unregelmäßigkeiten mit einer Wahlurne gegeben.

Die Causa Kauder wandert als nächstes zum Landesparteigericht, wo ein Jurist als Vorsitzender und zwei Beisitzer über den Fall entscheiden werden. Kauder ließ es offen, ob er bei einer Niederlage in der ersten Instanz auch das Bundesparteigericht anrufen wird. Die Kreis-CDU will ihre Stellungnahme spätestens Anfang September einreichen. Kauder hat danach vier Wochen Zeit zur Stellungnahme. Nach Einschätzung von Kennern ist es eher unwahrscheinlich, dass das Parteigericht noch vor der Bundestagswahl am 22. September eine Entscheidung fällen wird.

Kauder war von seiner CDU nicht mehr nominiert worden, nachdem es zuvor eine Fülle interner kleinerer Affären gegeben hatte und langjährige Mitstreiter Persönlichkeitsveränderungen an ihrem „Siggi“ festzustellen glaubten. Der verwahrt sich jedoch gegen Spekulationen über seinen körperlichen und geistigen Zustand und hat sogar ein psychologisches Gutachten erstellen lassen.

Dunkle Andeutungen wahr gemacht

Als er einen parteiinternen Schlichtungsversuch des früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) konterkariert und das gut gemeinte Ansinnen des Altvorderen als „Schwachsinn“ abgetan hatte, war für viele Mitglieder das Maß voll gewesen. Mit 502 zu 230 Stimmen verlor Kauder die Stichwahl gegen den Donaueschinger Oberbürgermeister Thorsten Frei. Schon vor der Abstimmung hatte er grußlos die Halle verlassen und den für ihn und seine Frau Isolde gedachten Blumenstrauß achtlos liegen lassen. Danach hatte er geraunt, man werde „noch von ihm hören.“ Diese dunkle Andeutung machte er Mitte Juni wahr, als er ankündigte, als unabhängiger Kandidat bei der Wahl antreten zu wollen.

Wenn ein CDU-Mitglied jedoch bei einer Wahl gegen einen bereits nominierten Parteifreund antritt, ist der klassische Fall für einen Parteiausschluss gegeben. Nicht nur der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobel, sondern auch langjährige Weggefährten wie der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Nummer eins auf der CDU-Landesliste für Baden-Württemberg, und sogar sein Bruder Volker Kauder, Chef der Union-Bundestagsfraktion, haben einen Ausschluss des selbsternannten Rebellen gefordert.