Nicht nach einem Politiker, sondern nach Widerstandskämpferin Sophie Scholl benennt das Europäische Parlament eines seiner Gebäude in Brüssel. Die Ehrung soll mehr sein als eine Erinnerung.

Volontäre: Jana Gäng (jkg)

Die meisten Gebäude des Europäischen Parlaments tragen den Namen von Männern, die Politiker waren. Willy Brandt wurde ebenso ein Bau gewidmet wie dem ersten tschechischen Präsidenten Václav Havel oder dem britischen Premier Winston Churchill. Nun ist Geschlechtergleichheit nicht unbedingt Fokus der europäischen Christdemokraten und Konservativen. Doch es war der Vorschlag der Europäischen Volkspartei (EVP), jetzt ein Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel nach der deutschen Widerstandskämpferin Sophie Scholl umzubenennen.

 

Während des Nationalsozialismus rief Sophie Scholl als Teil der Gruppe „Weiße Rose“ zum Widerstand gegen die NS-Diktatur auf. Mit nur 21 Jahren wurde sie im Jahr 1943 hingerichtet. Mit ihrem Kampf für Freiheit und Demokratie und dem Traum eines neuen Europas sei Scholl eine „Gründungsmutter“ der heutigen Europäischen Union, sagte der EVP-Vorsitzende Manfred Weber, als er gemeinsam mit Parlamentspräsidentin Roberta Metsola den neuen Namen des Baus am Mittwoch einweihte. Sophie Scholl sei eine „europäische Heldin“ und für ihre Überzeugungen eingetreten, „auch wenn sie wusste, dass sie gezwungen sein würde, ihr Leben zu opfern“, erklärte Metsola.

Extremisten in EU machen Scholls Vermächtnis strittig

Politisch fühle sich Manfred Weber von Sophie Scholl mitsozialisiert, sagte er: Als Jungpolitiker in Bayern habe er in Reden aus den Flugblättern der „Weißen Rose“ zitiert und diese vorgelesen. Nicht allein als Erinnerung will er den Namen Scholls verstanden wissen, sondern als Botschaft an die Europäer „aufzustehen und zu kämpfen“. Innerhalb der Europäischen Union würden Extremisten das Vermächtnis der Kämpfer für Freiheit und Demokratie strittig machen. In der Ukraine ließen auch junge Menschen im Krieg gegen Russland ihr Leben, um nicht in einer Diktatur leben zu müssen.

Die eigenen Werte selbst gegen die Mehrheit zu verteidigen, dazu rief auch die zur Zeremonie eingeladene Schauspielerin Julia Jentsch auf. Jentsch verkörperte Scholl im Jahr 2005 in dem Film „Sophie Scholl – die letzten Tage“, der für einen Oscar nominiert wurde.