Der Chef der spanischen Partei Podemos, Pablo Iglesias, steht dem Griechen Tsipras nahe. Auch in Spanien wollen die Opfer der Krise einen politischen Neuanfang.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Pablo Iglesias gehört eigentlich nicht zu diesen Menschen, die ihr Gegenüber mit Charme überwältigen. Der 36-jährige Politikprofessor ist ein ernsthafter Mann. Aber am Montag lächelte er doch zufrieden wie selten. „Heute ist ein ganz besonderer Tag für Podemos“, sagte er bei einer Pressekonferenz in Madrid. Im fernen Griechenland hatte die Partei Syriza den Sieg bei den Parlamentswahlen davongetragen, und Pablo Iglesias feierte ihn wie seinen eigenen. Iglesias ist der Generalsekretär von Podemos, der gerade mal ein Jahr alten Linkspartei, die seit kurzem Spaniens politische Landschaft umpflügt. Wenn im Herbst dieses Jahres gewählt wird, will es Podemos Syriza nachmachen und die Macht im Lande übernehmen.

 

Für Iglesias ist Syriza-Chef Alexis Tsipras ein Bruder im Geiste. Die beiden verstehen sich, das konnte man in den vergangenen Monaten sowohl in Madrid als auch in Athen beobachten, wo sich die beiden Arm in Arm von ihren jubelnden Anhängern hochleben ließen. „Mit Tsipras wird ein normaler Mensch, ein Mann aus dem Volk die Regierung in Griechenland übernehmen“, sagte Iglesias am Montag. Das ist ein zentrales Element seines politischen Diskurses: Hier wie dort seien die „Leute“ dabei, die „Kaste“ der traditionellen Politiker von ihren Fleischtöpfen zu vertreiben. Und die „Leute“ verkörpert in Spanien natürlich Podemos.

Der Diskurs kommt bei den Spaniern an. „Die Unterschiede zwischen Griechenland und Spanien sind enorm“, weiß auch Iglesias. Doch es gibt ein paar Gemeinsamkeiten: Massenarbeitslosigkeit, Verarmung, verkümmernder Sozialstaat. Spaniens Wirtschaft wächst wieder, doch der Flurschaden, den sechs Jahre Krise angerichtet haben, wird nicht so leicht zu beheben sein. Die Opfer der Krise und diejenigen, die sich mit den Opfern solidarisch fühlen, wollen einen Neuanfang, einen Politikwechsel, und viele von ihnen trauen Podemos zu, diesen Neuanfang hinzubekommen. Nach verschiedenen Umfragen liegt die Partei heute ungefähr gleichauf mit der regierenden konservativen Volkspartei und mit den Sozialisten, bei manchen Umfragen liegt sie schon klar vorn.

Der Podemos-Chef macht Frau Merkel verantwortlich

Die wirtschaftspolitischen Rezepte lassen sich, ganz wie bei Syriza, auf ein Schlagwort reduzieren: Ende der Austeritätspolitik. Iglesias kann es nicht lassen, für diese Politik vor allem eine Frau verantwortlich zu machen: Angela Merkel. „Griechenland wird einen griechischen Ministerpräsidenten haben und keinen Abgesandten Merkels“, sagte der Podemos-Chef am Montag. Andonis Samaras und Mariano Rajoy würden von ihren Landsleuten nur als „Vizepremiers“ empfunden, während in Wirklichkeit die deutsche Bundeskanzlerin das Sagen habe.

Die Botschaft ist simpel, und sie stößt bei vielen Spaniern auf offene Ohren. Wenn Syriza in den kommenden Monaten kluge Politik zu machen versteht, wird der Aufwind für Podemos noch zunehmen. In zwei Monaten gibt es das erste Kräftemessen in Spanien: Am 22. März wählt das traditionell sozialistisch regierte Andalusien ein neues Regionalparlament. Die erste Chance für Podemos, „den Himmel zu erstürmen“, wie es Iglesias seinen Anhängern vor einigen Monaten versprach.