Illegale Online-Casinos und Sportwetten jagen der staatlichen Lottogesellschaft die Spieler ab. Der Geschäftsführer von Lotto BW plädiert für mehr Kontrolle. Doch die Länder sind uneins.

Stuttgart - Online Casinos und Sportwetten im Internet werden immer beliebter, doch im Netz tummeln sich viele schwarze Schafe. „Während der Fußball-WM verdienen sich die Sportwettenanbieter in einem de facto illegalen Markt eine goldene Nase“, sagt Fabian Gramlich, der glücksspielpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Er schätzt, dass der nichtregulierte Markt inzwischen einen Anteil von 20 Prozent ausmacht. Gramlich drückt aufs Tempo bei der Neuregelung des Glücksspielmarkts in einem neuen Staatsvertrag.

 

Neue Grundlagen sind nötig, weil eine Experimentierklausel, die einige Online-Anbieter schützt, bis zum September 2019 ausläuft. 20 Online-Sportwetten haben durch die Klausel eine befristete Lizenz bekommen. Doch die Bundesländer tun sich schwer mit einer neuen gesetzlichen Grundlage. Bei ihrer Konferenz im Juni sind die Ministerpräsidenten nicht weiter gekommen.

Rückgänge bei staatlicher Lotterie

Auch Georg Wacker, der Geschäftsführer der staatlichen Toto-Lotto GmbH, macht sich Sorgen um den Stellenwert der staatlichen Lotteriegesellschaften in Deutschland. „Private Sportwettenanbieter verdrängen zunehmend renommierte Unternehmen“, klagt Wacker. Augenfällig werde das am aktuellen Beispiel: Der private Sportwettenanbieter Betano hat Lotto Baden-Württemberg als Premiumpartner des VfB Stuttgart den Rang abgelaufen.

Betano zählt Wacker ausdrücklich nicht zu den illegalen Anbietern. Doch das staatliche Glücksspiel, also etwa die klassische „Kernlotterie“ 6 aus 49, verzeichnet Rückgänge. Die führt Wacker vor allem auf den „zunehmenden Druck des illegalen Glücksspiels“ zurück. Das schade nicht nur der Lottogesellschaft, sondern auch dem Staat. 933,2 Millionen Euro haben die Baden-Württemberger 2017 bei Lotto BW eingesetzt (3,5 Prozent weniger als 2016). 156,4 Millionen Euro hat die staatliche Gesellschaft im vergangenen Jahr an Lotteriesteuer abgeführt, dazu kommen 201,1 Millionen an Zweckerträgen. „Jeden Tag führen wir eine Million Euro für Sport, Kultur oder soziale Zwecke ab“, sagt Wacker.

Spielregeln für alle

Er hat nach eigenem Bekunden nichts gegen Konkurrenz, aber er will, dass dass alle nach Regeln spielen. Er ist gegen eine weitere Öffnung des Glücksspielmarktes und plädiert für eine stringente Aufsicht. Besonders ärgerlich sind für die staatliche Gesellschaft Anbieter, die den Auftritt von Lotto BW kopieren und so den Anschein der Legalität erwecken. „Man weiß nicht, wie viele Gewinne ausgeschüttet werden, man weiß nicht wo die Unternehmen Steuern bezahlen“, kritisiert der Lotto-Chef. Er hofft auf einen neuen Glücksspielstaatsvertrag. Dieser soll „die Lotteriegesellschaften in Deutschland stärken und ordentliches Glücksspiel ermöglichen.“

Allerdings gehen die Vorstellungen der Länder weit auseinander. Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen beispielsweise wollen die weitere Liberalisierung des Online- und Sportwettenmarkts. Wacker ist dagegen. Die CDU-Fraktion im Landtag hat ihm nach einem Besuch in der Fraktion den Rücken gestärkt. „Wir halten am staatlichen Glücksspielmonopol fest“, betonte Fraktionschef Wolfgang Reinhart. „Kein Markt, keine Spielart und kein Anbieter darf unreguliert bleiben.“

Sollten sich die anderen Bundesländer einer entsprechenden Anpassung des Glücksspielstaatsvertrages nicht anschließen, werde die Jamaika-Koalition in Kiel ein eigenes Glücksspielgesetz auf den Weg bringen, sagt hingegen FDP-Vize Wolfgang Kubicki, der in der Vergangenheit an der schleswig-holsteinischen Regulierung mitgewirkt hat. Der Schwarz und Graumarkt könne nur austrocknet werden, „indem man legale Angebote schafft, die einer strengen staatlichen Kontrolle unterworfen sind und entsprechende Einnahmen für den Staat generiert werden, die ihm bisher verloren gehen.“

Mehr Internetexperten als Aufseher

Egal wie es kommt, will Wacker auf jeden Fall die Aufsicht gestärkt wissen. „Ich werbe für eine Stärkung der Aufsicht in Deutschland und in Baden-Württemberg“, sagt er. Das sei auch nötig. „Vor allem brauchen wir mehr Online-Experten, die den illegalen Anbietern auf die Finger sehen können“, so der Lottochef. In Baden-Württemberg gebe es fünf Stellen für die Glücksspielaufsicht. Dänemark dagegen zähle in dem Bereich schätzungsweise 150 Mitarbeiter. Das Nachbarland geht gezielt gegen illegale Glücksspiele vor.

Die Stärkung der Aufsicht muss Wacker zufolge in den Staatsvertrag aufgenommen werden. Er meint, „Baden-Württemberg könnte dabei gut eine federführende Rolle einnehmen.“ Eine nationale Aufsichtsbehörde lehnt der Chef von Lotto BW jedoch ab. Er verweist darauf, dass die Länder die Hoheit über das Glücksspiel haben. Offen zeigt sich Wacker dagegen für einen Vorschlag der Grünen in den Landtagen von Baden-Württemberg und Bayern. Die sprechen sich für die Gründung einer Anstalt der Länder aus, die die Online-Wetten kontrollieren soll.

Im Oktober treffen sich die Ministerpräsidenten erneut. Bis dahin soll ein neuer Vorschlag für den Glücksspielstaatsvertrag vorliegen. Die Geschäftsführer des Lottoblocks halten sich laut Wacker offen, ob sie danach selbst einen Gesetzentwurf erarbeiten.