Vom Holzhaus bis zur Brücken-Neuheit: Die Staatspreise Baukultur Baden-Württemberg sind verliehen worden. In einer Bildergalerie geben wir Einblicke.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Eine Festveranstaltung gab es aufgrund der Corona-Krise nicht. Aber am 30. März nur die Preisträger veröffentlichen, damit wollte sich die baden-württembergische Wirtschafts- und Wohnungsbauministerin Nicole Hoffmeister-Kraut nicht begnügen. Um besonders beispielgebende, qualitätvolle Bauten im Land „auf angemessene Weise“ zu würdigen, nahm sie die Ehrung der mit dem Staatspreis Baukultur Baden-Württemberg 2020 ausgezeichneten Projekte im Internet vor. Das 75-minütige Video mit ihrer Ansprache sowie Projektpräsentationen und Jury-Kommentaren ist auf www.baukultur-bw.de abrufbar.

 

Ein Vorgehen, das durchaus als Hinweis darauf zu werten ist, welchen Stellenwert die Landesregierung einer Architektur im Land gibt, die „Innovation und Nachhaltigkeit zusammen denkt“. Genau diese beiden Merkmale machte die Ministerin als „Eckpfeiler einer zukunftsweisenden und maßgebenden Baukultur“ aus.

Wie Wohnungsbau heute sein sollte

Verliehen wurden jeweils ein Staatspreis und zwei Anerkennungen in den Kategorien Städtebau und Freiraum, Infrastruktur-/Ingenieurbau, Wohnungsbau, Gewerbebau, Bauen für die Gemeinschaft, für kirchliche Nutzungen, für Bildung und Forschung sowie in der Sparte Besondere Projekte der Baukultur. Eine 15-köpfige Jury unter dem Vorsitz von Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, hatte bei dem zum zweiten Mal ausgelobten Auszeichnungsverfahren unter 133 eingereichten Projekten 24 für nominierungswürdig erachtet und unter ihnen wiederum nun acht Staatspreise benannt. Diese verteilen sich übers gesamte Land, vom Schwarzwald bis nach Wiesloch, von Rottenburg bis Heilbronn. Zahlenmäßig gibt es keinen geografischen Schwerpunkt. Das ändert sich, wenn man die Anerkennungen hinzu nimmt. Dann kristallisieren sich Heilbronn und Stuttgart als führend heraus. Zählt man die geehrten Planungsbüros zusammen, die in Stuttgart ansässig sind, kommt man auf zwölf, womit die Landeshauptstadt ihrem Ruf als Architektenstadt nur gerecht wird.

Ebenso wenig erstaunen dürfte, dass in der Sparte Städtebau und Freiraum die Neuen Landschaften im Neckarbogen in Heilbronn, die während der Bundesgartenschau 2019 schon Millionen Besucher begeisterten, die beiden Mitbewerber ausstechen konnte. Das von der Sinai Gesellschaft von Landschaftsarchitekten in Berlin entwickelte Stadtquartier- und Grünraum-Konzept für die ehemaligen Industrie- und Hafenanlagen sei ein „beispielhafter Ansatz, wie komplexe Stadträume grundlegend neu ausgerichtet werden könnten, so die Jury-Begründung. Auch der Zuschlag im Wohnungsbau überrascht nicht: Mit dem klimaneutralen Holzhaus Max Acht auf dem Stuttgarter Olga-Areal demonstrieren die Stuttgarter Architekturagentur und eine Baugemeinschaft, wie Wohnungsbau heute sein sollte: „nachhaltig, sozial und in einem dialogischen Prozess entwickelt“. Stuttgarter Planer wiederum – die Ingenieure von Knippers Helbig und die Architekten von Cheret Bozic – entwickelten die Stuttgarter Holzbrücke. Beim siegreichen, dreimal im Remstal realisierten Infrastruktur- und Ingenieurbau-Projekt macht der Brückenbau technologisch einen großen Satz nach vorn: Die integrale, elegante Konstruktion kommt ohne Lager und Fugen aus.

Aus einem alten Gebäude wird ein energieautarkes Schmuckstück

Gegen die Ödnis von Gewerbearealen tritt der Bürobau der Karl Köhler GmbH in Besigheim an; die Jury lobte dessen „konstruktiv-handwerkliche Durcharbeitung“ und den Einsatz von nachhaltigen Materialien. Qualität, die zustande kommt, wenn man sich als Bauherr nicht scheut, einen Architekturwettbewerb auszuloben, den das Stuttgarter Büro Wittfoht Architekten gewann. Wie Kommunen und Kirchengemeinden mit architektonischen Anspruch ihre Attraktivität erhöhen, illustrieren sowohl die vom Büro Harris und Kurrle, Stuttgart, sensibel in die Altstadt von Rottenburg am Neckar eingefügte Stadtbibliothek wie auch das Gemeindezentrum der Wieslocher Petrusgemeinde. Das Darmstädter Büro Waechter + Waechter Architekten lässt hier die geforderte Multifunktionalität nicht auf Kosten der Gestaltung gehen.

In der Kategorie Bauen für Bildung und Forschung wurde das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen, geplant von der Arge Architekten Leins, Ohnemus, Wagner Freie Architekten, Waldkirch, ausgezeichnet; die Jury überzeugte, wie ein hochkomplexes Inneres und die geschickte Nutzung der Topografie durch eine Höhenstaffelung des Gebäudes Hand in Hand gehen.

Das Hotel Silber in Stuttgart musste sich in der Sparte Besondere Projekte der Baukultur geschlagen geben; der Staatspreis ging an den Kienzlerhansenhof im Schwarzwald. Dem Büro gk Gössel + Kluge Generalplaner aus Stuttgart gelang das Kunststück, den denkmalgeschützten Hof aus dem 16. Jahrhundert zu einem energieautarken Wohn-Schmuckstück zu sanieren.