Das Engagement des SPD-Landtagsabgeordneten und Stadtrats in der Standortfrage stößt auf Widerstand. Drexler selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Das ist ein skurriles Demokratieverständnis eines schlechten Verlierers“: So fällt das Urteil der Esslinger FDP-Stadträtin Rena Farquhar aus. Auch am Mittwoch hat die Ankündigung des SPD-Stadtrats Wolfgang Drexler, ein Bürgerbegehren zur Erhaltung des Büchereistandorts Bebenhäuser Pfleghof organisieren zu wollen, für heftige Reaktionen in der Esslinger Kommunalpolitik gesorgt. Farquhar weiter: „Unabhängig davon, wie man zur Entscheidung des Gemeinderats steht: Als gewählter Stadtrat und als erfahrener Landtagsabgeordneter hat man die Entscheidung des repräsentativen Gremiums zu akzeptieren.“

 

Gerne hätte die FDP etwa die Entscheidungen zur Grund- und Gewerbesteuererhöhung auf den Prüfstand gestellt. Aber für ihre Partei gelte der Mehrheitsbeschluss. Vollkommen inakzeptabel sei aber, dass Drexler zur Organisation des Bürgerbegehrens sein Esslinger Wahlkreisbüro nutze. In der Tat hat Drexler als Kontaktadresse seine Wahlkreis-E-Mail angegeben und über seinen Mitarbeiter die Pressemitteilung verschicken lassen.

„Seltsames Verständnis für demokratische Entscheidungen“

Auch die Freien Wähler sind über Drexlers Vorgehen empört: Die Fraktionschefin Annette Silberhorn-Hemminger, die sich in der Gemeinderatssitzung am Montag vehement für den Verbleib der Bücherei im Bebenhäuser Pfleghof eingesetzt hatte, findet deutliche Worte. Wie Farquhar betont sie, dass ein Bürgerbegehren, das aus der Bürgerschaft heraus initiiert werde, grundsätzlich gut und richtig sei. Die Freien Wähler hätten aber „überhaupt kein Verständnis dafür, dass sich nun ein SPD-Gemeinderat und Landtagsabgeordneter an die Spitze der Bewegung für ein solches Bürgerbegehren stellt“. Dies offenbare Drexlers „seltsames Verständnis von Akzeptanz gegenüber der demokratischen Entscheidung, an der alle Gemeinderäte beteiligt“ gewesen seien. Drexlers Verhalten sei „ein fatales Zeichen“. Für die Freien Wähler sei es „eine Selbstverständlichkeit, „dass man Entscheidungen des Gemeinderats zunächst einmal anerkennt, auch wenn sie einem nicht passen“. Die gute Idee des Bürgerbegehrens missbrauche Drexler für die parteipolitische Selbstdarstellung. Ähnlich fallen die wortgleichen Stellungnahmen von Eberhard Scharpf (Freie Wähler) und Edward-Errol Jaffke (CDU) aus: „Das ist reiner Populismus.“

Wolfgang Drexler selbst hat am Mittwoch bei einer Pressekonferenz sein Vorgehen verteidigt. Er sehe sich lediglich als Initiator des Bürgerbegehrens. Die Zeit dränge, weil man innerhalb von drei Monaten rund 5000 Unterschriften zusammenbekommen müsse, wolle man einen Bürgerentscheid erzwingen. Deshalb habe er es als Bürger der Stadt als seine Aufgabe gesehen, das Projekt in die Wege zu leiten: „Auch als Gemeinderat bin ich Bürger und habe entsprechende Rechte.“

Öffentliche Versammlung am 26. Juni

Unterstützt wird Drexler bei seiner Initiative zunächst vom SPD-Stadtrat Klaus Hummel, der deshalb seinen Vorstandsposten im Förderverein der Stadtbücherei ruhen lassen will, sowie von der kulturpolitisch engagierten Ulrike Gräter (ebenfalls SPD). Am kommenden Dienstag, 26. Juni, um 19 Uhr soll im CVJM-Haus bei einer öffentlichen Versammlung der offizielle Startschuss fallen. Wenn sich dort ein Bürger finde, der die Hauptverantwortung übernehmen wolle, sei er, Drexler, der letzte, der nicht dafür den Weg frei mache. Dann werde man sauber die Aufgaben trennen. Drexler schlägt vor, dass die Initiative Bürgerbegehren das ehemalige Büro von Karin Roth in der SPD-Geschäftsstelle anmietet. Von dort aus sollen die Aktivitäten parteiunabhängig koordiniert werden.