Durch die Prämien für umgetauschte Diesel-Fahrzeuge haben die Pkw-Neuzulassungen deutlich zugenommen. Die Autobauer sind zufrieden, doch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer warnt vor einer sinkenden Nachfrage im kommenden Jahr.

Stuttgart - Eigentlich sollte die Umtauschprämie für alte Dieselautos zum Jahresende auslaufen. Doch nun gibt es bei den meisten Autobauern eine Verlängerung, die aber je nach Marke unterschiedlich ausfällt. Der VW-Konzern teilte am Dienstag mit, dass die Prämie für die Marken Volkswagen, Audi, Seat und Skoda nun bis Ende März nächsten Jahres gezahlt wird, wenn Fahrzeughalter von einem Wagen der alten Euro-Normen 1 bis 4 auf ein modernes Auto umsteigen. Daimler und BMW verlängern bis Mitte nächsten Jahres, Renault bis Ende Februar. Ford will sich nicht genau festlegen. Der Bonus gelte „bis auf Widerruf“ heißt es vage in der Kölner Ford-Zentrale. Die deutschen Autohersteller und die meisten Importeure hatten die Prämien nach dem Dieselgipfel der Bundesregierung im August Zug um Zug eingeführt. Damit sollen alte Dieselautos möglichst rasch von der Straße geholt und die Stickoxid-Belastung gesenkt werden. Die Prämie der Autohersteller war Teil eines Maßnahmenpakets, mit dem Politik und Wirtschaft die Hoffnung verbanden, möglicherweise auf Fahrverbote für Dieselautos verzichten zu können, die im nächsten Jahr drohen.

 

Die Autohersteller zeigen sich zufrieden mit der bisherigen Resonanz auf den Bonus. Der Bonus ist von Hersteller zu Hersteller und von Modell zu Modell recht unterschiedlich. So erhält man etwa bei Mercedes-Benz zusätzlich zur Prämie von 2000 Euro beim Kauf eines Neuwagens auch den Schätzwert des abgegebenen Autos, während VW zwar bis zu 10 000 Euro Bonus, aber keinen Wertausgleich für den eingetauschten Wagen gibt, der verschrottet wird. Daneben gibt bei den VW-Konzernmarken noch einen Zuschlag, wenn ein Auto mit alternativem Antrieb gekauft wird, während Daimler etwa nur 1000 statt 2000 Euro Prämie zahlt, wenn ein Smart mit Elektroantrieb angeschafft wird.

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Bisher haben laut VW-Vertriebsvorstand Fred Kappler mehr als 110 000 Kunden in Deutschland die Umstiegsprämie bei einer Marke des Konzerns für sich in Anspruch genommen. „Für unsere Kunden wollen wir überzeugende Kaufanreize setzen, sich für moderne, emissionsarme Fahrzeuge der neuesten Generation zu entscheiden“, sagte Kappler. Die Premiumhersteller wollen dagegen keine Angaben dazu machen, bei wie vielen Kunden die Prämie den Ausschlag für den Kauf eines Neuwagens gegeben hat und welche Antriebsform gewählt wurde.

Im November nahmen die Pkw-Zulassungen um neun Prozent zu

Matthias Wissmann, der Präsident des Verbandes des Automobilindustrie (VDA) begrüßt die Verlängerung. „Das zeigt, dass die Unternehmen ihre Verantwortung zur Verbesserung der Luftqualität in den Städten sehr ernst nehmen“, sagte Wissmann unserer Zeitung. „Bereits in den vergangenen Monaten führten die Umweltprämien zu einer höheren Nachfrage nach modernsten Pkw“, sagte Wissmann. Im November nahmen die Pkw-Neuzulassungen gegenüber dem Vorjahr um gut neun Prozent zu, die Auftragseingänge aus dem Inland, die ein Signal für die weitere Entwicklung sind, stiegen um sieben Prozent. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht dies indes skeptisch. „Die Dieselprämien haben sich, wie in Goethes Ballade vom Zauberlehrling, nicht mehr beherrschbar verselbstständigt“, meint Dudenhöffer mit Blick auf das insgesamt hohe Rabattniveau auf dem deutschen Automarkt.

„Der Monat November zeigt, dass man die gerufenen Geister nicht mehr loswird“, orakelt der Leiter des Duisburger Forschungsinstituts CAR. Jeder wolle jeden mit noch höheren Rabatten übertreffen. „Die Neuzulassungen täuschen eine Traumwelt vor“, warnt der Wissenschaftler. Hinter den hohen Rabatten verberge sich eine gewaltige Kundenverunsicherung. Dudenhöffer führt beispielsweise den Ford Focus an, den es mit Umweltbonus und fünfjähriger Garantie mit einem Gesamtrabatt von 42 Prozent gebe. Dudenhöffer befürchtet, dass es nach dem Auslaufen der Dieselprämien ein böses Erwachen geben wird, weil Käufe, die jetzt vorgezogen werden, im nächsten Jahr fehlen werden. Der Autoexperte erinnert daran, dass der Automarkt nach dem Boom des Abwrackprämienjahrs 2009 eingebrochen ist.