Lokales: Matthias Ring (mri)
Der „Gault Millau“ kritisiert, dass es immer mehr Schein als Sein gebe, dass Optik und Technik eine zu große Rolle spielten. Wie schmeckt Ihnen das als Vorreiter moderner Techniken?
Ich bin zwar kein Freund des „Gault Millau“, aber das kann ich nur unterstreichen. Dass wir in gewisser Weise Vorreiter für Küchentechniken waren, ist richtig. Aber es ging auch immer um das Produkt und vor allem um die eigene Identität. Heute wird so viel copy and paste gemacht. Erst wird ewig angerichtet, dann steht der Kellner vor einem, erklärt, was das alles ist, und schlimmer noch, wie man es zu essen hat. Wir haben uns in die Kunstecke katapultiert, in die wir gar nicht hingehören. Ich bin auch nicht in einer Molekularkapsel auf die Welt gekommen, sondern habe in einem ganz normalen Gasthaus gelernt und weiß, wie’s geht. Das wissen viele heute nicht mehr. In der Lehre wird den Jungen nicht wirklich etwas mitgeteilt, danach werden sie geblendet von den worldwide Stars auf Facebook – und so entstehen Klone, die alle das Gleiche machen.
Was wollen Sie jetzt anders machen?
Unsere Strategie ist erstens das kleine Schwarze. Eine Frau kann sich sonst wie verkleiden, aber im kleinen Schwarzen sieht sie am elegantesten aus, und man kann auch nichts vertuschen. Zweitens: wir kochen für Blinde. Das heißt nicht, dass wir jetzt alles irgendwie auf den Teller schmeißen. Aber unser Fokus ist woanders: nicht so sehr bei der Optik, sondern beim Geschmack und der Simplizität. Man muss auch weglassen können. Man braucht keine 30 Elemente auf dem Teller. Das ist, wie wenn man eine Frau zu Tode schminkt, dann sieht man nichts mehr von ihr, sie könnte auch ein Mann sein.
Was erwartet den Gast im Mercedes-Benz-Museum? Mit wem und was kochen Sie?
Ich komme mit meinem Souschef, der schon drei Jahre bei mir ist, und dann sind da die Leute vor Ort. Der Küchenchef Michael Braun war auch schon bei mir. So gesehen ist das ein Heimspiel. Wir werden hier und da ein paar Klassiker aus Mannheim und Langen machen.
Gehen Sie selbst immer noch so viel essen?
Ich führe eine Liste, wo ich schon überall war, und habe schon fast 500 Sterne. Die Gruppe des Sternefresser-Blogs hat sich übrigens bei uns gebildet. Aber die letzten Jahre macht mir das keinen Spaß mehr, da bin ich nur noch bei ausgesuchten Topkollegen. Und ansonsten gibt es wunderbare Wirtshäuser, wo man sehr einfach, aber sehr gut essen kann, besonders in Wien.
Sie haben die Sternefresser angesprochen. Manche Foodblogger scheinen sich mit erpresserischen Methoden durchzuschnorren: Wenn du uns nicht einlädst, verbreiten wir in den Portalen Schlechtes über dich. Entsteht da eine neue, eine dunkle Macht?
Die meisten Foodblogger sind tatsächlich Parasiten, aber überhaupt nicht mächtig. Da sind die Leute selbst schuld, wenn sie sich darauf einlassen. Jeder meint, er müsste irgendwo auf einem Portal seinen Senf dazugeben und fühlt sich groß dabei. Das ist armselig. Viele Leute sind leider manipulierbar. Aber natürlich gibt es auch seriöse Blogger. Und wenn die von manchen Gastronomen eingeladen werden, ist das vielleicht attraktiver, als eine teure Werbeagentur einzuschalten, die etwas streut.