Der Weinmarkt entwickelt sich rückläufig, die Steillagen sind in Gefahr. Beim Weinbaugipfel in Lauffen geht es um Unterstützung für die Wengerter. Derweil wollen die Bottwartaler Winzer die Reißleine ziehen und unters Dach der WZG schlüpfen.

Alle reden von Regionalität. Aber zu was greift der Kunde wohl, wenn er im Supermarkt vor dem Regal steht? Zum hiesigen Wein für – sagen wir – sechs Euro oder zur Flasche daneben: italienisch, südafrikanisch oder was auch immer, vier Euro. Wird schon auch schmecken . . .

 

Diese Entscheidung am Weinregal hat Konsequenzen. „Der Weinbau“, sagt Peter Hauk (CDU), „ist ökonomisch eher in der Defensive als in der Offensive.“ Das ist vorsichtig ausgedrückt. Der Minister für ländlichen Raum in Baden-Württemberg ist am Donnerstag zu Gast in Lauffen am Neckar. Beim Weinbaugipfel spricht er mit Wengertern über die Probleme in der Branche. Die Weinmacher selbst formulieren es weniger vorsichtig: „Es ist mehr als fünf vor zwölf.“

Rettung einer Genossenschaft

Ein paar Kilometer weiter im beschaulichen Bottwartal ist es eher fünf nach zwölf. Zeitgleich mit dem Weinbaugipfel werden bei den Bottwartaler Winzern die Mitglieder darüber informiert, wie die seit Jahren strauchelnde Genossenschaft gerettet werden könnte: Nämlich, indem sie ihre Kooperation mit der Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen so ausbaut, dass die komplette Produktion der Bottwartaler künftig bei der WZG angesiedelt ist.

Jener WZG übrigens, der die Großbottwarer Genossenschaft im Jahr 2012 komplett den Rücken kehrte. Zwar kam man zwei Jahre später wieder zusammen, aber seither lief es alles andere als ruhig bei den Bottwartaler Winzern. Mit Uwe Ziegler verließ im vergangenen Herbst einmal mehr ein Geschäftsführer die Genossenschaft, zuletzt wurde das ohnehin schon sehr niedrige Traubengeld nicht mehr regelmäßig ausgezahlt.

Letzteres soll sich mit der WZG nun ändern. „Durch diesen Schritt wird das Traubengeld höher und vor allem sicher“, sagt Immanuel Gröninger, der Vorstandsvorsitzende der Bottwartaler Winzer. Heißt aber auch: Das komplette Kellerteam wird sich neue Jobs suchen müssen. Auch im Vertrieb fallen Stellen weg.

Das Prozedere soll künftig folgendermaßen aussehen: Die Mitglieder geben ihre Trauben weiter wie gewohnt in Großbottwar ab, dort werden sie abgepresst, dann wird der unvergorene Saft nach Möglingen gebracht, wo er weiterverarbeitet wird. Die Marke „Bottwartaler Winzer“ bleibt, ebenso der Verkauf in Großbottwar. Die Genossenschaft wird vom Teilablieferer zum Vollablieferer bei der WZG. Ein Weg, den unter anderem auch die Weingärtner Marbach so seit Jahren gehen.

Entschieden ist das in Großbottwar noch nicht. Die Mitglieder müssen kommende Woche über den Vorschlag abstimmen. Wohlwissend, dass unter den Mitgliedern ein geteiltes Stimmungsbild herrscht, ist es für Immanuel Gröninger „die zum jetzigen Zeitpunkt einzige realisierbare Möglichkeit, das Ganze ein Stückweit zu stabilisieren“.

Es gehe darum, Ressourcen zu bündeln. Auch vor dem Hintergrund, dass die Weinbaufläche weiter zurückgeht. In den vergangenen fünf bis sechs Jahren sei das zwar in Großbottwar nicht nennenswert der Fall gewesen. Gröninger geht allerdings davon aus, dass in nächster Zeit „die ganzen Steillagen rausfliegen“. Sie seien wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.

Die Steillagen werden weniger

Was am Ende das große Problem der Steillagen ist: Ihre Bewirtschaftung rechnet sich nicht. Das ist nicht nur in Großbottwar so, sondern generell. Dennoch versuchen viele, an den Steillagen festzuhalten und damit die Jahrhunderte alte Kulturlandschaft zu retten. Die Felsengartenkellerei in Besigheim ist die Genossenschaft, deren Mitglieder am meisten Steillagen haben. Sie bewirtschaften insgesamt 140 Hektar terrassierte Steillagen. Sie werden trotz aller Bemühungen weniger, sagt der Vorstandsvorsitzende Joachim Kölz. Er sagt aber auch: „Unser Wein lebt von den Steillagen.“

Das ist bei den Lauffener Weingärtnern nicht anders. Seit deren Fusion mit der Mundelsheimer Genossenschaft werden hier 107 Hektar Steillagen bewirtschaftet. Beim Weinbaugipfel am Donnerstag im Saal der Lauffener Weingärtner werden viele Möglichkeiten besprochen, wie der Steillagen-Weinbau attraktiver werden kann. Dazu gehört die Steillagen-Förderung des Landes, die von 3000 auf 5000 Euro pro Hektar und Jahr steigen soll.

Ausreichen wird das nicht. Vor allem die Verbraucher sind ebenfalls deutlich in der Pflicht. Und hier findet der Landwirtschaftsminister dann doch noch sehr deutliche Worte: „Wer in Lauffen keinen Lauffener Wein im Kühlschrank oder auf dem Tisch hat, ist ein Verräter.“ Es ist eben doch die Entscheidung am Weinregal.

Die Steillagen haben ihren Preis

Günstiger Wein
  Die Verbraucher-Stimmung hat sich nicht verbessert. Daran knabbert mit der Felsengartenkellerei Besigheim sogar eine Genossenschaft, die im Vergleich noch gut dasteht. „Insgesamt entwickelt sich der Weinmarkt rückläufig“, sagt deren Geschäftsführer Hans-Georg Schiller. „Besonders stark merken wir das im Discountgeschäft. Die Verbraucher sparen aus vielen Gründen.“ Bei den hochwertigen Produkten der Kellerei sehe es hingegen besser aus.

Teurer Wein
 Allerdings: Nach oben gibt es Grenzen. „Wir können den Steillagen-Preis nicht eins zu eins an den Verbraucher weitergeben“, sagt sagt Joachim Kölz, der Vorstandsvorsitzende. Der Grund: „Es ist brutal schwer, in Württemberg einen Wein für mehr als zehn Euro zu verkaufen“, Ein sehnsüchtiger Blick zum Beispiel nach Südtirol zeigt: Dort ist das ganz normal. sl