Faktisch ist der Solidaritätszuschlag (kurz: Soli) für den Großteil der Arbeitnehmer in Deutschland abgeschafft. Dem Bund bringt die Steuer aber nach wie vor Milliardeneinnahmen.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Innerhalb der Ampel-Regierung kündigt sich der nächste Streit an. Es geht um ein Thema, das seit Jahren immer mal wieder hochkocht: den Solidaritätszuschlag. Der Bund der Steuerzahler hat jüngst eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags (kurz: Soli) gefordert und sich damit auf die Seite von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geschlagen. „Der Soli sollte komplett und für alle fallen“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel.

 

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht dies ebenso, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich hingegen zurückhaltend zur Debatte über steuerliche Entlastungen von Unternehmen geäußert. Er verwies auf das geplante Wachstumschancengesetz, mit dem die Wirtschaft gefördert werden soll.

Was ist der Soli?

Der Solidaritätszuschlag, auch Soli genannt, ist eine Steuer. Sie wurde 1991 – ein Jahr nach der Wiedervereinigung – eingeführt und sollte den wirtschaftlichen Aufbau in den neuen Ländern mitfinanzieren. Die Abgabe wurde bis 2020 als Zusatzabgabe von 5,5 Prozent auf die Einkommens- und Körperschaftssteuer erhoben, um die Lasten der Wiedervereinigung zu finanzieren.

Wie hoch sind die Freibetragsgrenzen beim Soli?

Seit 2021 müssen nur noch Spitzenverdiener und Körperschaften den Soli zahlen. Nach Schätzungen des Bundesfinanzministeriums ist er „für rund 90 Prozent derjenigen, die Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer oder veranlagten Einkommensteuer gezahlt haben, durch die Anhebung der bestehenden Freigrenze vollständig entfallen“. Im vergangenen Jahr brachte er dem Bund trotzdem noch Einnahmen von rund zwölf Milliarden Euro.

Anfang des Jahres wurden die Freibetragsgrenzen noch einmal leicht angehoben. Wer weniger als 18.130 Euro (Einzelveranlagung) beziehungsweise 36.260 Euro (Veranlagung mit dem Partner) an Lohn- beziehungsweise Einkommenssteuer entrichtet hat, muss keinen Soli mehr zahlen.

Im Jahr 2024 gelten laut dem Institut der deutschen Wirtschaft noch folgende Sätze, für Einkommen, die über der Grenze liegen:

Singles:

  • 80.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – kein Soli
  • 85.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 68 Euro
  • 90.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 296 Euro
  • 100.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 793 Euro
  • 120.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 1793 Euro
  • 200.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 3674 Euro

Familien (2 Kinder, gemeinsam veranlagt):

  • 180.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – kein Soli
  • 190.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 186 Euro
  • 200.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 686 Euro
  • 250.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 3184 Euro

Alleinerziehende:

  • 80.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – kein Soli
  • 85.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – kein Soli
  • 90.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – kein Soli
  • 100.000 Euro Jahreseinkommen (brutto) – 122 Euro

Die Höhe der Lohn- und Einkommenssteuer kann man mit einem Online-Rechner des Finanzministeriums kalkulieren. Dieser ist hier zu finden.

Woher kommen dann die Einnahmen des Bundes?

Kapitalgesellschaften wie beispielsweise GmbHs oder Aktiengesellschaften sind nach wie vor verpflichtet, den Solidaritätszuschlag zu zahlen. Dieser wird dort auf die Körperschaftsteuer erhoben. Kritiker bemängeln deshalb, dass der Soli nur noch eine „verkappte Unternehmenssteuer“ sei.

„Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes wären wichtige Entlastungssignale“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian den Funke-Zeitungen. Nach wie vor zahlten alle rund 800.000 Kapitalgesellschaften in Deutschland den Soli, aber auch viele Einzelunternehmen und Personengesellschafter.

Besteht eine Chance auf Einigung innerhalb der Regierung?

Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sind sich einig, dass Unternehmen entlastet werden sollen, ringen aber um den richtigen Weg. Habeck hat ein Sondervermögen ins Spiel gebracht, um strukturelle Probleme zu lösen. Lindner lehnt dies mit der Begründung ab, es bedeute neue Schulden. Der Finanzminister setzt dagegen unter anderem auf eine Streichung des Soli, den noch Besserverdienende und Körperschaften zahlen.

SPD-Chef Lars Klingbeil nannte es in den Funke-Zeitungen „gut, dass Christian Lindner und Robert Habeck als zuständige Minister daran arbeiten, die wirtschaftliche Lage in Deutschland weiter zu verbessern und zusätzliche Investitionen zu ermöglichen.“ Klingbeil verwies zugleich auf Vorschläge seiner Partei. „Dazu zählen mehr öffentliche und private Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Bildung, der Bürokratieabbau und die Bekämpfung des Fachkräftemangels.“