Die Sitzkiesel und Gitterbänke in der Dorotheenstraße kommen bei Passanten und Anliegern nicht wirklich gut an. Der Bund der Steuerzahler kritisiert sie nun als Steuerverschwendung.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. So ungefähr ließe sich das zusammenfassen, was die Stadt Stuttgart seit November 2022 in der Dorotheenstraße versucht. Mit Sitzkieseln und Gitterbänken hat die Verwaltung dort ehemalige Parkplätze ausgestattet, um einen Ort zum Verweilen zu schaffen. Lebenswertere Innenstadt heißt das Credo.

 

Doch die optisch durchaus kühl und schlicht anmutenden Sitzgelegenheiten haben bisher vor allem kritische Stimmen ausgelöst. Passanten und benachbarte Ladenbesitzer werden nicht so richtig warm mit der Möblierung. Die Stadt Stuttgart hat sie ganze 50.000 Euro gekostet. Zu nah an der Fahrbahn für spielende Kinder, optisch nicht ansprechend, zu unbequem zum Sitzen – die Kritikpunkte sind ebenso augenscheinlich wie zahlreich. Genutzt werden die Sitzkiesel und Gitter bislang hauptsächlich von Skatern – klar ersichtlich an den zerkratzten Oberflächen.

Vergleich mit Barcelona

Die Stadt verweist bei der Konfrontation mit den negativen Reaktionen gerne auf das spanische Barcelona. Dort seien solche Sitzgelegenheiten nach anfänglicher Skepsis sehr gut angenommen worden.

Stuttgart gleich Barcelona? Der Vergleich hat auch den Bund der Steuerzahler (BdSt) auf das Thema aufmerksam gemacht. Für die Interessenvereinigung ein Beispiel, wie öffentliche Gelder für vermeintlich bürgernahe Projekte ausgegeben werden, die von den Menschen vor Ort aber nicht als solche wahrgenommen werden. Alleine die Nähe zu den deutlich einladenderen klassischen Bänken, die sich unweit der neuen Sitzgelegenheiten befinden, würde die „gähnende Leere“ auf diesen erklären, heißt es im sogenannten Schwarzbuch, das BdST.

Lebenswerte Innenstadt „konterkariert“

Auch die Bezirksvorsteherin von Stuttgart Mitte, Veronika Kienzle, hatte sich schon abwägend-kritisch zu den Sitzkieseln und Gitterbänken geäußert. Gegenüber der Stuttgarter Zeitung äußerte sie im Februar, die Möblierung sei unglücklich ausgewählt. „Ich könnte mir eine lange Tafel entlang der gesamten Strecke vorstellen oder einzelne kleinere Tische und Bänke mit Sitzflächen aus Holz“, sagte sie damals. In einen ähnlichen Tenor fiel auch Linken-Stadtrat Luigi Pantisano ein, für den die Idee einer lebenswerten Innenstadt „konterkariert“ werde.

Auf eine Presseanfrage der Stuttgarter Zeitung, wie die Stadt sich zur Aufnahme des Projekts in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler positioniere, antwortet die Verwaltung zunächst, indem sie die Vorzüge des Materials bei Wartung und Transport hervorhebt.

Kritik „zur Kenntnis genommen“

Bei nochmaliger Nachfrage wird die Verwaltung präziser: „Was dem einen gefällt, kritisieren andere. So auch hier“, heißt es aus der Pressestelle. Die Kritik des BdST habe man „zur Kenntnis genommen“. Und was beutetet das für die Zukunft des umstrittenen Mobiliars? „Wir beobachten weiter, wie die Sitzgelegenheiten angenommen werden. Wir werden im Zusammenspiel mit dem Gemeinderat dann die richtigen Schlüsse ziehen“, so die Antwort.

Dass die „kalten Oberflächen“ und „lehnenlose Bänke mir hartem Gittersitz“ nicht zum Verweilen einladen würden, hätte den Verantwortlichen der Stadt Stuttgart bei der Planung klar sein müssen, zieht der Bund der Steuerzahler als Fazit. Ihren Bekanntheitsgrad haben die Sitzkiesel und Gitterbänke in der Dorotheenstraße mit der Aufnahme in das Schwarzbuch vermutlich gesteigert. Wahrscheinlich aber nicht im Sinne der Stadt.