Es gibt neue Erkenntnisse über den Entdecker und Missionar aus Gerlingen – und die Erkenntnis: Wo vor 170 Jahren pietistische Missionare aus dem Strohgäu wirkten, werden heute mehr Christen als in Europa gezählt.
Gerlingen - Mitte des 19. Jahrhunderts kamen die ersten Abgesandten der englischen Church Missionary Society (CMS) nach Afrika, heute leben auf dem Kontinent mehr Christen als in Europa, sagt Klaus Wetzel. Für den Dozenten der Korntaler Akademie Weltmission (AWM) ist das eine Erfolgsgeschichte: „Den Samen dafür haben Missionare wie Johannes Rebmann gesät.“ Im Gerlinger Ratssaal wurde am Freitagabend eine Biografie des von den Pietisten hochverehrten Missionars vorgestellt. Steven Paas hat sie geschrieben, und Klaus Wetzel hat sie übersetzt.
Christen fühlen sich marginalisiert
Die AWM und die Gerlinger Johannes-Rebmann-Stiftung hatten zur Feier eingeladen. Paas hat für sein Buch „Johannes Rebmann: Ein Diener Gottes vor dem Aufkommen des westlichen Kolonialismus“ auch auf im Original in Chichewa verfasste Briefe zurückgegriffen, die bisher kaum herangezogen wurden. Rebmann hatte sich während seines Aufenthalts in Ostafrika auch als Sprachwissenschaftler betätigt.
Bis ins 20. Jahrhundert sei die Situation der Christen in der westlichen Hemisphäre „luxuriös“ gewesen, sagte Paas: Seit Kaiser Konstantin sei die Kirche von der Politik unterstützt worden. „Inzwischen ist das aber anders.“ Die Anfeindungen, denen Christen heute vielfach ausgesetzt seien, könnten zumindest eine Ahnung von der Situation vermitteln, in der sich die lutherischen Afrika-Missionare im 19. Jahrhundert befanden, meinte der Biograf.
Starker Glaube
Eine zentrale Frage in Paas’ Buch lautet: Wie hat Rebmann das fast 30 Jahre lang aushalten können? Der Missionar habe viel psychisches als auch physisches Leid ertragen. Immer wieder berichte er in Briefen von extremer Einsamkeit. „Rebmann war dort zeitweise völlig allein“, sagte Paas. In dieser Welt – im heutigen Kenia – hätten damals Hexen, Eingeborenenpriester und Imame das Sagen gehabt. Am Ende ist Rebmann körperlich ausgelaugt und völlig erblindet zurückgekommen.
Paas’ Antwort auf die selbst gestellte Frage ist weniger von wissenschaftlicher Analyse als vom persönlichen Glauben geleitet. Sie lautet: Jesus Christus. Rebmann habe sich berufen gefühlt und seine Kraft aus einem tiefen Glauben bezogen: „Christus war sein persönlicher Retter.“
Auch der Übersetzer und Kirchenhistoriker Wetzel schloss sich dem an: Rebmann habe überragende Talente gehabt, „aber es liegt nicht an den Fähigkeiten allein, sonder am starken Glauben“. Aus der neuen Biografie habe er vor allem gelernt, dass Rebmann sehr realistisch an die Tätigkeit herangegangen sei, sagte Wetzel. Ihm sei klar gewesen, dass sein Unterfangen einer – in Paas’ Worten – „Mission impossible“ glich: „Und doch sendet Kenia heute selbst Missionare aus.“
Blinder Fleck evangelikale Mission
Das Buch zieht eine klare Trennlinie zwischen den Missionsbewegungen im europäischen Mittelalter oder im frühneuzeitlichen Lateinamerika auf der einen und der protestantischen Missionierung auf der anderen Seite: „Dahinter stand keine staatliche Initiative, es ging alles aus einer kleinen Erweckungsbewegung hervor.“
Aber ist darum eine Missionsbewegung schon gerechtfertigt? Ist sie damit wirklich besser? Diese Fragen blieben am Freitag ausgespart. Ebenso wie die nach der aktuellen, umstrittenen evangelikalen Missionierung in Afrika und Lateinamerika, die auch vor Hasspredigten nicht zurückschreckt.