Das Haus der Katholischen Kirche und das Kunstmuseum leiden unter dem Ansturm auf ihre Toiletten - und greifen zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Den Passanten auf der Königstraße, die dringend mal müssen, fallen gerne zwei Orte ein, an denen sie Erleichterung suchen: das Kunstmuseum und das Haus der Katholischen Kirche. Beide Einrichtungen sind wegen des zeitweise starken Andrangs dazu übergegangen, eine Gebühr für die Nutzung ihrer Toiletten zu verlangen, auf freiwilliger Basis und mit mäßigem Erfolg. Zusammen mit der City-Initiative fordern sie, dass die Stadt die vorhandenen öffentlichen Klos am Schlossplatz endlich kenntlich macht.

 

„Das irritiert einen schon, was unsere Putzfrauen manchmal erleben“, sagt Hermann Merkle. Der Leiter des Hauses der Katholischen Kirche meint damit vor allem, was sich in der Toilette der kirchlichen Einrichtung während des Weihnachtsmarktes abgespielt hat. Der massenhafte Andrang von Besuchern in der City verwandelte das Klo im Untergeschoss des Hauses in eine hochfrequentierte öffentliche Bedürfnisanstalt, in der plötzlich raue Sitten herrschten. Um die Anlage überhaupt noch in einem annehmbaren Zustand zu halten, musste alle halbe Stunde geputzt werden. Statt darüber froh zu sein, pöbelten manche Nutzer das Reinigungspersonal dafür auch noch an. „Wir haben uns schon gefragt, wo da der Anstand bleibt“, sagt Merkle nachdenklich.

Sogar Wasserhähne verschwinden aus den Toiletten

Zwar hat sich die Lage wieder etwas entspannt, aber noch immer nutzen neben den Besuchern des Cafés oder anderer Einrichtungen des Hauses viele Passanten die Toilette. Der Materialverbrauch ist enorm, Toilettenpapier verschwindet in größeren Mengen, die Mischdüsen an den Wasserhähnen ebenso. „Es ist enorm, was da rausgeht“, sagt der Leiter des Hauses. „Das geht ins Geld.“ Deshalb hat man von Papierhandtüchern auf Hochleistungsföhne umgestellt, und per Hinweisschild werden die Nutzer jetzt um einen Gebühr von 50 Cent gebeten. Das bereitgestellte Schälchen füllt sich aber nicht entsprechend. „Es geht genauso viel raus wie rein“, sagt Hermann Merkle. Dabei befindet sich das Haus in einem Dilemma: „Wir sind ein offenes Haus und wir wollen es auch bleiben.“

Wenig entfernt am Schlossplatz, im Kunstmuseum, macht man seit längerem ähnliche Erfahrungen. Nachdem man Monat für Monat etwa 1000 Euro für Toilettenmaterial ausgegeben hatte, dazu etliche hundert Euro für die Reparatur von Schäden und die Reinigung mehrmals am Tag, hat man im Kunstmuseum angesichts der „untragbaren Verhältnisse“ eine Toilettenfrau angestellt und einen Euro pro Nutzung verlangt. „Das war Notwehr“, sagt Pressesprecherin Eva Klingenstein.

Freiwillig bezahlen die wenigsten Toilettenbesucher

Der bis Ende Januar laufende Versuch hat die Lage entspannt. Wegen der hohen Kosten für die zusätzliche Vollkraft ist man nun wieder dazu übergegangen, die Gebühr von den Toilettennutzern auf freiwilliger Basis zu erheben. Jetzt kommt täglich nur noch ein einstelliger Betrag zusammen. „Freiwillig zahlen die Wenigsten“, sagt Eva Klingenstein. Am Samstag allerdings, wenn auf der Königstraße die Massen sich dem Einkaufsbummel hingeben, soll die Servicekraft in der Museumstoilette weiter dafür sorgen, dass die Gebühr bezahlt und der Zustrom reguliert wird.

Damit sich die Lage für die beiden Einrichtungen nicht wieder verschlimmert, fordern sie die Stadt auf, die ja vorhandenen und durchaus gepflegten öffentlichen Toilettenanlagen in der Stadtbahnhaltestelle unter dem Schlossplatz endlich besser auszuschildern, dass Passanten auch den Weg dorthin finden. Unterstützt werden sie von City-Manager Hans Pfeifer. „Da müssen wir dringend rangehen.“

Beim Tiefbauamt der Stadt ist die Klage angekommen. „Wir kümmern uns darum“, sagt Amtsleiter Wolfgang Schanz. Er will das Thema im größeren Rahmen angehen. Der Schlossplatz sei in der Frage zwar ein „Brennpunkt“, öffentliche Toiletten seien aber auch an anderen Stellen der Stadt unzureichend ausgeschildert. Auf eine Schwierigkeit weißt der Amtsleiter in der Sache aber hin: Die Gelder für Beschilderungen seien nicht üppig vorhanden, die dafür im Haushalt beantragten Mittel habe man „nicht bekommen“, sagt Schanz.