Bei einem Aufenthalt in Straßburg kommt man um den Besuch des Europaviertels nicht herum. StZ-Redakteurin Ulrike Ebner wird sich dabei wieder des europäischen Gedankens bewusst.

Straßburg - Bei einem Aufenthalt in Straßburg kommt man um den Besuch des Europaviertels nicht herum. Mein erstes Ziel: das Europaparlament, wo mein Besuch mit der Wahl Jean-Claude Junckers zum neuen EU-Kommissionspräsidenten zusammenfiel.

 

Da ich mich persönlich mehr als Europäerin denn als Deutsche fühle, hat mich die Rede von Marine Le Pen im Europaparlament sehr irritiert. Die Politikerin des rechten Front National hat einmal mehr ihre Ansicht bekräftigt, dass Europa ein tödliches, verrücktes Projekt sei. Für mich hingegen ist Europa eine faszinierende Idee; ein Konzept, dass ein friedliches Zusammenleben ermöglicht. Und das ist nicht Nichts.

Vom Europaparlament aus habe ich einen Abstecher zum neuen "Lieu d'Europe" unternommen, der keine zehn Minuten zu Fuß entfernt ist. Dort ist seit dem 3. Mai eine Dauerausstellung zur Geschichte und Gegenwart der EU untergebracht, zudem gibt es im ebenfalls dort ansässigen Dokumentationszentrum allerlei Infobroschüren über die Funktionsweise der EU, das Zusammenspiel ihrer Institutionen sowie über verschiedene Politikfelder. Verglichen mit den europäischen Institutionen wie dem Europaparlament, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder dem Europarat in ihren pompösen Gebäuden ist diese Einrichtung eher unscheinbar - ich wäre beinahe daran vorbeigelaufen.

Eine Dauerausstellung soll Europa erklären

Schließlich dort angekommen, stellte ich fest, dass Europa nach Holz, Farbe und Klebstoff riecht. Die Villa Kayserguet, in der der "Lieu d'Europe" untergebracht ist, wurde für den neuen Verwendungszweck frisch saniert und verströmt noch den Geruch des Neuen. Dennoch ist sie ein bisschen seelenlos und unambitioniert für einen Ort, der eigentlich dabei helfen soll, dass die Bürger Europa mehr in ihre Herzen schließen. Die Dauerausstellung bleibt zu oberflächlich, um das komplexe Gebilde Europa zu erklären. Allerdings ähnelt sie dann doch ein bisschen der EU: sie ist etwas konfus und man weiß nicht so recht, wie man sich ihr nähern soll.

Eine der großen Herausforderungen für Europa ist es, die Bürger davon zu überzeugen, dass sie trotz aller Unterschiede dieselben Werte teilen. Institutionen reichen für diese Aufgabe nicht aus, der grenzüberschreitende zwischenmenschliche Kontakt ist dafür aussschlaggebend. Diese Erfahrung habe zumindest ich während meiner Aufenthalte in anderen europäischen Ländern gemacht.

Das Projekt Ulrike Ebner, Online-Redakteurin bei der Stuttgarter Zeitung, verbringt eine Woche bei der elsässischen Tageszeitung "Dernières Nouvelles d'Alsace" (DNA) in Straßburg. Ihre Erfahrungen schreibt sie in einer täglichen Kolumne in ihrer Gastzeitung auf französisch nieder - und auf deutsch im Online-Angebot der StZ. Zeitgleich ist Xavier Thiery, Redakteur der DNA, zu Gast in Stuttgart und notiert seine Erlebnisse in der StZ. Weitere Infos zum Austauschprojekt sowie alle Kolumnen finden Sie auf unserer Themenseite im Internet.