Die Pläne für den Bau einer Straße durch den Nationalpark in Tansania schrecken Naturschützer auf.

Serengeti - Eine Tsetsefliege, sagen die Ranger in der Serengeti, die könne man nicht erschlagen, man müsse sie zu Krümeln zerreiben, erst dann sei dieses todbringende Insekt wirklich tot. Vermutlich war es der Verbreitung der Tsetsefliege zu verdanken, dass die riesige Savanne im Norden Tansanias so dünn besiedelt war, dass man sie schon 1929 zu einem Wildreservat erklärte. In den 50er Jahren ist es dem hartnäckigen Wirken des Frankfurter Zoologen Bernhard Grzimek ("Serengeti darf nicht sterben") und seiner Freundschaft zum damaligen Präsidenten Julius Nyerere zu verdanken, dass man den Schutz der Serengeti streng auslegte: kein Straßen- und kein Häuserbau, die wenigen dort lebenden Massai sind umgesiedelt worden.

So ist ein im Sinne des Naturschutzes für Afrika einzigartiger Luxus entstanden: ein Gebiet fast von der Größe Schleswig-Holsteins wird abgesehen von wenigen Lodges für Touristen frei von Besiedlung und Landwirtschaft gehalten. Nur eine sandige Piste führt hinein, und im Grunde sind hier die Wildtiere mit sich alleine: 1,3 Millionen Gnus, Hunderttausende von Zebras, Gazellen und Antilopen sowie ihre natürlichen Feinde, Hunderte von Löwen, Leoparden, Hyänen sowie Krokodile an den Flussläufen. Oft ist die Wanderung der Gnus in Dokumentarfilmen festgehalten worden, wie sie dem Regen folgend gen Norden nach Kenia ziehen und den gefährlichen Marafluss durchqueren.

Weltnaturerbe und Biosphärenreservat


Die Serengeti ist wegen der Touristen ein kostbarer Devisenbringer für Tansania, sie ist Weltnaturerbe sowie Biosphärenreservat. All das könnte sich bald ändern. Denn die Regierung Tansanias will eine 53 Kilometer lange Straße quer durch den nördlichen Teil des Reservates planieren lassen. Sie ist ein Abschnitt einer geplanten 480-Kilometer-Trasse, die das wirtschaftlich starke Arusha am Fuße des Kilimandscharo mit der strukturschwachen Stadt Musoma am Viktoriasee verbinden soll.

In einem Interview mit der Zeitung "Citizen" hat die Umwelt- und Tourismusministerin Shamsa Mwangunga die Pläne bestätigt. Die Straße befriedige das öffentliche Interesse, man werde sie zweispurig bauen, aber nicht asphaltieren, und die Migration der Gnus werde nicht beeinträchtigt. "Wer unsere Pläne kritisiert, weiß nicht, was wir vorhaben. Selbstverständlich wollen wir unsere Ressourcen schützen." Tansanias Präsident Jakaya Kikwete soll den Straßenbau wegen seiner wirtschaftlichen Bedeutung im Wahlkampf versprochen haben. 2012 soll Baubeginn sein.

Naturschützer sind entsetzt


Die Pläne haben bei Naturschützern Entsetzen ausgelöst. Der tansanische Wildtierschutzverband WCST will sich mit Petitionen wehren. Einer der schärfsten Kritiker ist die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF), die seit Grzimeks Zeiten das Privileg besitzt, inmitten der Serengeti die Forschungsstation Seronera unterhalten zu dürfen. Die ZGF sieht sich als Partner der tansanischen Behörden, jetzt aber warnt sie sie: Die Straße werde "verheerende Auswirkungen" auf das Ökosystem der Serengeti haben, sie werde den Weg der Tiere an ihrer empfindlichsten Stelle blockieren. Schneide man ihnen den Weg ab, werde die Population der Gnus vermutlich auf 200.000 sinken. Rollten täglich Hunderte von Lastwagen durch die Serengeti, werde es oft zu Wildunfällen kommen.

Schließlich fürchtet die ZGF das Einschleppen von Tier- und Pflanzenkrankheiten und die Zunahme der Wilderei. "Der Straßenbau wäre ein Schritt in Richtung Ende der Serengeti. Die Tiermigration wäre unterbrochen, der Tourismus würde kollabieren", sagt der mit der ZGF in der Serengeti arbeitende Biologe Andrew Dobson von der Princeton-Universität. Dass die tansanischen Parkranger loyal zum Straßenbau stehen, erklärt Dobson so: "Die sind nervös und fürchten um ihre Jobs." Besser wäre es, die Regierung würde eine Straße um den Südzipfel der Serengeti bauen. "Wir wollen nun das öffentliche Interesse dafür mobilisieren", sagt Dobson.