An einer Kreuzung im Schönbuch an der Grenze der Kreise Tübingen und Böblingen passieren immer wieder Unfälle. Ein Kreisel soll helfen – doch der lässt auf sich warten.

Tübingen - Die gefährlichste Kreuzung des Schönbuchs ist entschärft – aber nur für einige Tage. Grund: wegen Belagarbeiten ist die Kälberstelle in dieser Woche für den Verkehr gesperrt. Doch schon in der kommenden Woche drohen an diesem Verkehrsknotenpunkt zwischen Tübingen-Bebenhausen und Dettenhausen, sowie Tübingen-Pfrondorf und Hildrizhausen/Böblingen neue Gefahrensituationen. Denn die gibt es seit Jahrzehnten regelmäßig an diesem Punkt, wo die Bundesstraße 464 und die Landesstraße 1208 einander kreuzen. Zuletzt krachte es im März – eine Person wurde leicht verletzt, es entstand ein Blechschaden von 8000 Euro. Seit 2006 registrierte die Polizei 44 Unfälle, neun Personen wurden schwer verletzt, 30 leicht, der Sachschaden betrug 630 00 Euro. Die Lösung des Problems wird allerseits seit Langem gefordert – ein Kreisverkehr soll gebaut werden.

 

Die Pläne dazu sind längst erstellt, geredet wird darüber seit Jahren. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) deutete zuletzt einen Baubeginn für das Jahr 2013 an, „wenn Geld dafür da ist“. Die Aussage wurde von seinem Ministerium gestern noch einmal bestätigt. Einen Widerspruch zum Stuttgarter Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl an die Landräte von Böblingen und Tübingen sieht das Ministerium nicht. Schmalzl hatte an Roland Bernhard und Joachim Walter geschrieben, dass es „kurzfristig“ keinen Spielraum gebe für den Umbau. Diese Aussage bezöge sich auf 2012, hieß es gestern aus Stuttgart.

„Dringend schnellstmöglich bauen“

Die Landräte freilich lassen nicht locker. Schmalzls Aussage „ist für uns nicht befriedigend“, betonen beide und fordern gleich doppelt den raschen Baubeginn: „Um weitere schwere Unfälle zu vermeiden, muss die Maßnahme dringend schnellstmöglich begonnen werden.“ Damit widersprechen sie auch vielfach kritisierten Angaben der Böblinger Polizei von 2011, die diese Kreuzung nach Korrekturen an den Haltelinien und der Beschilderung nicht mehr als Unfallschwerpunkt eingestuft hat.

Auch wenn der Kreisel an der Kälberstelle auf sich warten lässt, Kreisverkehre setzten sich rasant durch. 1990 wurden im Land 15 gezählt, knapp zehn Jahre später waren es deren 230. Jetzt ermittelt das Ministerium allein außerorts 386 Verkehrsinseln. Die Herstellungskosten schwanken zwischen 250 000 und 600 000 Euro, je nach Zahl der Abzweigungen, der Fahrspuren oder des Durchmessers.

Problematische Zuständigkeiten

Doch nicht nur am Geld wie im Fall der Kälberstelle scheitert ein früher Bautermin, oft sind es auch die Zuständigkeiten von Bund, Ländern, Kreisen und Gemeinden. Ein Beispiel dafür lässt sich nur zwei Kilometer von der Kälberstelle entfernt finden. An der ähnlich gefährlichen Eckbergkreuzung mitten im Schönbuch ereigneten sich nach 1993 mindestens 70 Unfälle mit 80 Verletzten. Wegen unpräziser Unfallmeldungen fuhren Polizei wie Krankenwagen mitunter die falsche Kreuzung an, zu ähnlich waren sich Kälberstelle und Eckbergkreuzung. Schon 1996 stellte die Gemeinde Dettenhausen den Antrag für einen Kreisverkehr, im Jahr 2000 wollte das Tübinger Regierungspräsidium die Eckbergkreuzung entschärfen. Doch der Bund machte nicht mit. Tübingens Landrat Walter erklärt den Streitpunkt: „Der Bund muss verschmerzen, dass die Vormachtstellung der übergeordneten Bundesstraße gegenüber der untergeordneten Kreisstraße aufgegeben wird.“ Erst 2009 wurde in nur vier Monaten ein Kreisel mit 42 Meter Durchmesser und 6,50 Meter breiten Straßenzuführungen gebaut. Und Joachim Walter kommentierte: „Mit der Schadensumme der Unfälle hätten wir den Kreisverkehr zweimal bauen können“.

Die in diesem Fall zuständige Tübinger Polizei notierte die Schadenmeldungen an der Eckbergkreuzung. Vor dem Umbau belief sich die Bilanz regelmäßig auf vier bis acht Unfälle im Jahr mit Verletzten und hohem Sachschaden. Im Jahr danach gab es einen Zusammenstoß – der Schaden betrug 250 Euro.