Die Sätze für die Lkw-Maut sinken. Das bringt den Staat um rund eine halbe Milliarde Euro im Jahr. Berlin macht die Europäischen Union dafür verantwortlich, aber diese Argumentation überzeugt nicht alle.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Berlin - Nach Ansicht des Auto Clubs Europa (ACE) ist die Situation grotesk: Auf der einen Seite plant Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine umstrittene und rechtlich fragwürdige Pkw-Maut für Ausländer, die rund 600 Millionen Euro im Jahr einbringen soll. Auf der anderen Seite legt genau dieser Minister jetzt einen Gesetzentwurf vor, die Sätze bei der Straßengebühr für Lastwagen tendenziell zu senken, was dem Staat rund eine halbe Milliarde Euro Mindereinnahmen beschert. „Formalrechtlich mag der Minister auf der sicheren Seite sein“, sagt Rainer Hillgärtner, Sprecher des ACE. „Politisch ist der Schritt falsch.“

 

Lässt die EU-Richtlinie Dobrindt keine Wahl?

Hintergrund dieser Bewertung ist eine EU-Richtlinie, die Dobrindt in seinen Augen keine andere Wahl lässt. Die schreibt vor, dass die Straßengebühr sich an den tatsächlichen Kosten für die Verkehrswege zu orientieren hat. Weil die Zinsen gesunken sind und der Bund weniger Geld für seine oft Kredit-finanzierten Fernstraßenprojekte ausgibt, muss nach Einschätzung der Bundesregierung die Lkw-Maut im Durchschnitt sinken. Die neuen Sätze sollen von Januar an gelten. Der Gesetzentwurf dazu soll heute vom Kabinett beschlossen werden. „Das geht in die verkehrte Richtung“, sagt auch Valerie Wilms, die Infrastrukturexpertin der Grünen-Fraktion. Statt die Maut-Schraube nach unten zu drehen, solle Dobrindt lieber rasch die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausweiten.

Die Opposition sieht Fehler in den Berechnungen

Wilms räumt ein, dass Dobrindt unter Zugzwang der EU steht. Sie meint aber, der Minister habe seinen Gestaltungsspielraum nicht genutzt. So biete die EU-Richtlinie die Möglichkeit, die Kosten, die durch Lärm entstehen, stärker zu berücksichtigen. Zudem wirft sie der Regierung vor, keine belastbaren Zahlen zu den Wegekosten zu haben. Die Berechnungen des Gutachtens beruhten auf Schätzungen. „Es fehlt eine verlässliche Anlagenbuchhaltung, wie sie jedes seriöse Unternehmen hat“, sagt Wilms. Die Koalition ihrerseits will die Einbußen möglichst rasch ausgleichen: Nächstes Jahr soll die Maut bereits für Lastwagen ab 7,5 (bisher zwölf) Tonnen gelten. Außerdem soll sie auf weiteren 1000 Kilometern Bundesstraße fällig werden.