Es gibt krasse Fälle von ungerechter Benotung. Und es gibt Grenzfälle. Wer den Rechtsweg wählt, sollte vorher Chancen und Risiken abwägen, findet Inge Jacobs.

Mit ihrem Empfinden, vom Lehrer ungerecht benotet worden zu sein, steht die Abiturientin eines Gymnasiums in der Region Stuttgart nicht allein. Das geht auch anderen Schülern an anderen Schulen zuweilen so. Und, ja, manchmal stimmt auch die Chemie nicht zwischen Schüler und Lehrer. Das erschwert natürlich eine direkte Kommunikation. Aber es liegt auf der Hand, dass dies der erste Weg sein sollte, wenn die Note nachhaltig aufs Gemüt drückt. Und: der Lehrer sollte schlüssig erklären können, weshalb es zu jener Note kam. Zur Not sollte der Schulleiter moderieren.

 

Wann lohnt es sich, das große Besteck auszupacken?

Man kann sich allerdings schon die Frage stellen, ob es sich lohnt, wegen der Abrundung einer Geschichtsnote, bei der man zwischen einer Zwei und einer Drei stand, das große Besteck auszupacken. Denn im Unterschied zu einer formlosen Klärung zwischen Lehrer, Rektor und Schüler ist ein förmlicher Widerspruch beim Regierungspräsidium ein Verwaltungsakt. Darauf hatte das RP die Familie hingewiesen. Allerdings nicht auf das damit verbundene Kostenrisiko in dreistelliger Höhe.

Ein solcher Hinweis ist zwar im Verwaltungshandeln nicht vorgesehen, wäre aber fair gewesen. Denn welcher Nichtjurist weiß schon, dass die Anwendung von Rechtsmitteln auch vor der Klage schon ins Geld gehen kann. Ein vorsichtiger Schwabe hätte sich wahrscheinlich gleich nach seinen Optionen und den damit verbundenen Regularien erkundigt. Aber sei’s drum.

Künftig dürfte die Familie genau überlegen

Jetzt bleibt der Abiturientin nur, zu zahlen oder zu klagen. Vermutlich wird sich die Familie künftig gut überlegen, wie sie damit umgeht, sollte bei den jüngeren Kindern ein ähnlicher Fall auftreten. Wer den Rechtsweg wählt, sollte sich vorher darüber schlau machen und Chancen und Risiken abwägen.