Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke plus hat es doch noch geschafft, die Ratskollegen zu einem gemeinsamen Beschluss zur Aldi-Ansiedlung in Untertürkheim zu bewegen. Dabei gelten die Linken als nicht kompromissbereit.

Stuttgart - Die Kritik der Gemeinderatsmehrheit an den Kollegen von SÖS-Linke plus in der jüngsten Sitzung hatte nur eine geringe Halbwertszeit. Die Fraktionsgemeinschaft sei nicht kompromissfähig und falle daher als Koalitionspartner aus, hieß es in der Debatte.

 

Keine halbe Stunde später wurde allerdings auf Initiative der Linken ein gemeinsamer Antrag zur Rettung der Cap-Lebensmittelmärkte in Unter- und Obertürkheim verabschiedet. Der Stadtrat Christoph Ozasek (Linke) verließ danach das Rathaus mit einem „lachenden Auge – trotz der unterirdischen Debattenkultur“, womit er vor allem die Auseinandersetzung über die Neuordnung der Verwaltung meinte.

Kritik von SÖS-Linke wegen Bürgermeisterbankbesetzung

Sein Kollege Hannes Rockenbauch von der SÖS hatte dabei die Bürgermeisterbank zum „Selbstbedienungsladen der Fraktionen“ erklärt, worauf ihm Grünen-Chefin Anna Deparnay-Grunenberg vorwarf, „mit diesem unsäglichen Unterton die Politik zu diskreditieren und eben eine Zusammenarbeit unmöglich zu machen. Ihr Kollege Björn Peterhoff hat sich dann aber doch in Sachen Cap-Märkte wie Dejan Perc von der SPD mit Ozasek geeinigt und wurde via Facebook für die Kompromissfähigkeit gelobt. Das hat – obwohl er mit SÖS-Linke plus wenig anzufangen weiß – CDU-Fraktionschef Alexander Kotz geärgert: Warum nicht auch seine Fraktion gewürdigt worden sei, fragte er im Netz, da sie doch den finalen Antrag formuliert habe?

Sowohl für Gerhard Sohst, Geschäftsführer der Markt und Service gGmbH, als auch für die Menschen mit und ohne Behinderung in den beiden Cap-Supermärkten zählt weniger das Säbelrasseln der Kommunalpolitiker als das Ergebnis. Vor der Gemeinderatssitzung hatte es noch so ausgesehen, als stünden SÖS-Linke plus mit ihrer Initiative allein, die Stadtverwaltung hochoffiziell aufzufordern, sich gegen eine – die Cap-Märke gefährdende – Ansiedlung von Aldi auf dem Untertürkheimer Postareal zu zwingen. Nicht etwa aus sachlichen Erwägungen, klagte Rockenbauch, immerhin hatten alle Fraktionen vor einigen Wochen die Existenzsicherung der Märkte bekräftigt. Wie bei der Umstrukturierung der Geschäftskreise heiße es nun grundsätzlich: „Keine Zusammenarbeit mit den Schmuddelkindern.“

Bürgerinitiative bekommt kalte Füße

Die Sorge, dass ein Beschluss zum Erhalt der Läden nur deshalb unterbleiben könnte, weil er von SÖS-Linke plus vorgeschlagen und womöglich den Masterplan zur Verbesserung der Ortsmitte gefährden würde, hatte sogar die Bürgerinitiative veranlasst, Ozasek um einen Rückzug zu bitten. Dieses Vorhaben hat wiederum den für den linken Flügel im Bezirksbeirat Obertürkheim sitzenden Christoph Hofrichter so geärgert, dass er die Initiative verließ.

Nach der Sitzung konnte der Schauspieler und Regisseur, der das drohende Aus erst richtig publik gemacht hatte, mit Cap-Chef Sohst auf ein gutes Ende des Streits um die Nahversorgung in den oberen Neckarvororten anstoßen. Als hilfreich empfinde er die Aussage von OB Fritz Kuhn (Grüne), ehemaliger Untertürkheimer, dass er die Nahversorger nicht für einen weiteren Discounter geopfert sehen will.

Der Kompromissantrag zwingt die Stadt nun bei ihrer Planung zu beachten, dass die Arbeitsplätze in den Cap-Märkten nicht gefährdet werden. Außerdem müssten die Liefermöglichkeiten für bewegungseingeschränkte Personen erhalten bleiben. Und schließlich müsse zur Kenntnis genommen werden, dass die beiden Cap-Läden wirtschaftlich verbunden seien und der eine nicht ohne den anderen überleben könnte.