Toleranz für die sexuelle Vielfalt ist im neuen Bildungsplan von Grün-Rot nach Protesten nur noch ein Punkt unter vielen. Dennoch passt der CDU die überarbeitete Variante immer noch nicht: Alle Leitperspektiven müssten weg, und Gymnasien bräuchten ihren eigenen Plan.

Toleranz für die sexuelle Vielfalt ist im neuen Bildungsplan von Grün-Rot nach Protesten nur noch ein Punkt unter vielen. Dennoch passt der CDU die überarbeitete Variante immer noch nicht: Alle Leitperspektiven müssten weg, und Gymnasien bräuchten ihren eigenen Plan.

 

Stuttgart - Im Streit um einen neuen Bildungsplan für die Schulen fordert die CDU-Fraktion nun die Streichung sämtlicher Leitperspektiven. Sie seien letztlich viel zu komplex, willkürlich zusammengestellt und überfrachteten den Bildungsplan, sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk am Freitag in Stuttgart. Die Gefahr bestehe, dass die Lehrer bei sehr umfangreichen Vorgaben „den Rollladen runterlassen“, warnte Bildungsexperte Georg Wacker.

Vielmehr solle sich der Bildungsplan auf Lehrinhalte konzentrieren. Die grün-rote Landesregierung hingegen will dem Schriftstück weiter sechs Leitperspektiven vorschalten. Dabei geht es um Themen, die nicht einem einzigen Fach zugeordnet werden, sondern übergreifend behandelt werden sollen. So sollen die Lehrer aufgefordert werden, Toleranz zu lehren gegenüber unterschiedlichen Nationalitäten, Ethnien, Religionen, Kulturen aber eben auch hinsichtlich sexueller Orientierung. Vor allem der letzte Punkt hatte für erhebliche Proteste in Land gesorgt.

Wacker rief Kultusminister Andreas Stoch (SPD) auf: „Lassen Sie die Leitperspektiven einfach raus - das verunsichert die Schulen nur.“ Neben dem umstrittenen Punkt „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ gibt es im Bildungsplan-Entwurf fünf weitere Leitperspektiven, die sich etwa mit Bildung für nachhaltige Entwicklung, Prävention und Gesundheitsförderung oder Medienbildung beschäftigen. Vieles darin werde von den Lehrern ohnehin schon wie selbstverständlich beherzigt, meinte Wacker. „Für den praktischen Unterrichtsalltag sind sie unbrauchbar - Lehrer werden dieses Ungetüm einfach zur Seite legen.“

Das Kultusministerium versicherte, dass eine Überfrachtung des Bildungsplans „selbstverständlich vermieden werden soll“. Genau deshalb habe man die Einführung auch um ein Jahr verschoben, um die Schulen verstärkt einzubeziehen. „Eine längere Erprobung soll gerade missverständliche Formulierungen oder überfrachtete Passagen vermeiden“, sagte ein Sprecher von Kultusminister Stoch.

Keinen Sinn für den Verzicht auf die Leitprinzipen haben die Grünen. Landeschef Oliver Hildenbrand sagte: „Die CDU war schon immer gut darin, die Augen vor den gesellschaftlichen Realitäten zu verschließen. Sie weiß einfach nicht mit Vielfalt umzugehen, und deshalb sollen es wohl auch die Schüler nicht lernen.“ Ein modernes, weltoffenes und tolerantes Baden-Württemberg sei mit dieser Landes-CDU nicht zu machen.

Obwohl Stoch den Bildungsplan nach der Kritik jüngst um ein Jahr verschoben hat, besteht aus Sicht der CDU immer noch ein zu hoher Zeitdruck. Die Kritik der CDU am neuen Entwurf für den Bildungsplan richtet sich aber auch gegen den geplanten Fächerverbund „Naturphänomene und Technik“, mit dem in den Klassen fünf und sechs aller weiterführenden Schulen Biologie, Physik, Chemie und Technik gemeinsam unterrichtet werden sollen. Es sei nicht akzeptabel, dass Physik- oder Chemielehrer nebenbei auch Biologie unterrichten sollen.

Hauk und Wacker forderten zudem einen eigenen Bildungsplan für alle Gymnasien - und nicht nur für die achtjährigen, wie von Stoch angekündigt. Die besondere Qualität der Bildung an Gymnasien bezüglich der vertieften Allgemeinbildung, der Studierfähigkeit oder der Internationalität brauche laut CDU-Fraktion in jedem Fall einen eigenständigen Lehrplan, hieß es. Mit einem „Abklatsch“ des neuen Bildungsplans für die Gemeinschaftsschulen sei es da nicht getan.