Das Verwaltungsgericht Stuttgart verhandelt seit Montag die Klage der Bahn zu den Mehrkosten bei Stuttgart 21. Nach Ansicht der Bahn sollen sich Land, Stadt, Region und Flughafen an denen beteiligen. Die Projektpartner lehnen dies ab.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Mit Begriffen wie Mammutverfahren sollte zurückhaltend umgegangen werden: doch bei dem, was da am Montag vor der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart begonnen hat, trifft die Beschreibung zu. „Von dem Gedanken an eine schnelle Entscheidung können wir uns verabschieden“, resümierte der Vorsitzende Richter, Wolfgang Kern, nach dem gut dreistündigen Verhandlungsauftakt (Az.:13 K 9542/16)

 

Wird der Finanzierungsvertrag ergänzt?

Es geht um sehr viel Geld vor Gericht. Die Deutsche Bahn, genauer die DB AG, die DB Netz AG, die DB Station und Service AG sowie die DB Energie GmbH, will erreichen, dass vor allem das Land Baden-Württemberg zu einer Ergänzung des aus dem Jahr 2009 stammenden Finanzierungsvertrags verurteilt wird. Diese zusätzlichen Passagen sollen dann klären, wie die milliardenschwere Finanzierungslücke bei Stuttgart 21 durch die Bahn, das Land, die Stadt, die Region und den Flughafen geschlossen werden kann. Der Finanzierungsvertrag regelt die Verteilung der Kosten in einer Höhe von 4,5 Milliarden Euro, der sogenannte Gesamtwertumfang des Projekts beträgt aktuell rund 9,15 Milliarden Euro, der Finanzierungsrahmen gar 9,8 Milliarden.

Nach Zählung des Gerichts haben die Bahnunternehmen, vertreten durch Anwalt Ulrich Quack, insgesamt 76 Anträge ins Verfahren eingebracht. „Wir möchten uns anschauen, ob wir die alle wirklich brauchen werden“, sagte Richter Kern. Es sei im Interesse aller, eine schnelle Entscheidung zu treffen – vor allem mit Blick auf die lange Zeit seit der Klageeinreichung im Dezember 2016 aber auch dem Umstand, „dass es kaum bei unserer Entscheidung bleiben wird“. Die nächste Instanz ist der Verwaltungsgerichtshof Mannheim.

Richter sucht ökonomischen Verfahrensweg

Kern unterstreicht den enormen Umfang des Verfahrens. Die Gerichtsakten umfassen 3500 Seiten, die Behördenakten nicht weniger als 18 000 Seiten. Der erfahrene Richter Kern appellierte nicht nur an den Klagevertreter, die Zahl seiner Anträge noch einmal einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Er verwies selbst auf eine gerichtsseitige Möglichkeit, das Verfahren zu beschleunigen – und würde damit sogar Neuland betreten. Den Paragraf 111 der Verwaltungsgerichtsordnung habe er „in den vergangenen 32 Jahren noch nicht in Anspruch genommen“. Der regelt, dass das Gericht durch ein Zwischenurteil über den Grund entscheiden kann. Das bedeutet: Das Gericht könnte die Ansprüche der Bahn als berechtigt oder unberechtigt einstufen. Damit wären noch keine Aussagen über die eventuelle Höhe weiterer Zahlungen entschieden.

Nächster Termin im August

Anfang August will die Kammer wieder zusammentreten, der Bahn-Anwalt bis dahin seine Anträge nochmals prüfen.