Seit drei Jahren wartet die Landeswasserversorgung auf Fortschritte beim Trinkwasserschutz. Nun platzt dem Zweckverband der Kragen: in bösen Briefen nach Brüssel beklagt er das lasche Vorgehen gegen Bauern im Südwesten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Satz fiel schon 2017, erbost die Landeswasserversorgung (LW) aber noch immer. Bei einer Versammlung im Alb-Donau-Kreis nahm Agrarminister Peter Hauk (CDU) die Landwirte gegen den Vorwurf in Schutz, sie belasteten durch übermäßiges Düngen das Grundwasser. In Stuttgart sei „noch keiner tot umgefallen, weil er das Wasser aus der Donau gesoffen hat“, rief Hauk in die Halle, „Bauern sind keine Brunnenvergifter“.

 

Die Zuhörer quittierten das mit Applaus, die LW-Spitze mit einem bösen Brief an den Ministerpräsidenten. Der auch für Verbraucherschutz zuständige Minister werde dem Ernst der Lage „nicht gerecht“, beschwerte sich der Verbandschef Jürgen Zieger. Dem Schutz des Trinkwassers aus dem Donauried, mit dem man drei Millionen Baden-Württemberger versorge, erweise Hauk mit der Verharmlosung „einen Bärendienst“. Noch immer sei es dort nicht gelungen, die durch die Landwirtschaft verursachte hohe Nitratbelastung zu senken. Bevor die Grenzwerte überschritten würden, müsse man Anlagen zur Aufbereitung bauen – wodurch der Wasserpreis „deutlich“ steigen könne.

Der Austausch gerät ins Stocken

Für das von Zieger erbetene Gespräch stand Winfried Kretschmann bisher nicht zur Verfügung. Aber auch der Austausch mit den Fachministern Hauk und Franz Untersteller (Umwelt) ist ins Stocken geraten. Seit Wochen herrscht vollends Eiszeit zwischen der Landesregierung und der Landeswasserversorgung. Der Grund: Weil sich die LW-Spitze seit Jahren hingehalten fühlt, hat sie sich per Brandbrief an die EU-Kommission in Brüssel gewandt. Gleich zwei Generaldirektionen, für Landwirtschaft und für Umwelt, alarmierte sie wegen der „Defizite, die es in Deutschland zur Umsetzung der Nitratrichtlinie gibt“. Man bitte um Hilfe bei den Bemühungen, den hohen Nitrateintrag aus der Landwirtschaft zu senken. Das Land zeigt sich verschnupft über den „Alleingang“; einer guten Zusammenarbeit sei er nicht dienlich.

Die Fronten sind also verhärtet, wieder einmal. Dabei schien sich etwas zu bewegen, als die Wasserversorger vor drei Jahren zuletzt Alarm geschlagen hatten. Landesweit, konstatierten sie damals, zeige die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (Schalvo), nach der Bauern für Beschränkungen in Wasserschutzgebieten entschädigt werden, ja schöne Erfolge. Leider gelte das nicht für das Donauried, wo intensiver Ackerbau und schwierige hydrogeologische Verhältnisse zusammentreffen; hier stiegen die Werte teils sogar. Fazit: Mit den bisherigen Mitteln sei das Problem nicht lösbar, man brauche strengere Auflagen.

Arbeitsgruppe tritt auf der Stelle

Die Politik reagierte aufgeschreckt, es kam zu einem Spitzentreffen dreier zuständiger Grünen: dem damaligen LW-Verbandschef Fritz Kuhn, dem einstigen Agrarminister Alexander Bonde und Umweltminister Untersteller. Sie unterschrieben eine „gemeinsame Erklärung“, wonach die Nitratwerte im Donauried als „landesweit bedeutsamem Grundwasservorkommen“ binnen 15 Jahren deutlich gesenkt werden sollten. Für künftige Generationen werde damit „ein besserer Zustand erreicht als gesetzlich vorgeschrieben“.

In der Folge formierte sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe, „Donauried-Hürbe 2030“. Ihr Ziel: zusammen mit den Landwirten wolle man freiwillige Maßnahmen entwickeln, die über die bisherigen Vorgaben für den Grundwasserschutz hinausgingen. Aus einem neuen Fördertopf wollte das Land dafür jährlich gut eine Million Euro zur Verfügung stellen. Doch in Brüssel witterte man eine unzulässige Subvention, zusätzlich zu den Millionen aus der „Schalvo“. Geld fließt daher noch keines, das Programm befinde sich in der EU-„Notifizierung“, bestätigten die Ministerien; so lange seien die Sitzungen ausgesetzt.

Land sieht keine Kontrolldefizite

Im Verfahren stützt sich die Kommission auch auf Beschwerdebriefe an drei Landkreise – Alb-Donau, Ostalb und Heidenheim – , die ihr die LW zur Verfügung stellte. Die hohen Nitratwerte zeigten deutlich, dass die Landwirte die Düngeverordnung nicht einhielten, moniert sie darin. Von den Behörden werde das „ganz offensichtlich nicht ausreichend kontrolliert“. Es gebe „keine Umsetzungsdefizite“, erwidern Land und Landkreise; eine Überwachung aller Bauern sei „weder geboten noch leistbar“. Die Einladung zum Meinungsaustausch schlugen die Landräte glattweg aus: das Thema müsste „auf politischer Ebene“ diskutiert werden. Das Land gibt den schwarzen Peter zurück: man hätte gerne eine Kopie der Briefe nach Brüssel, doch die gebe die LW auch auf Bitten nicht heraus. Den Satz von Peter Hauk finden die Ministerien übrigens völlig harmlos. Er habe nur „plakativ darauf hingewiesen“, dass das Trinkwasser aus dem Donauried gesundheitlich unbedenklich sei.