Finanzexperten bewerten die Stromleitungen überraschend hoch. Der Vorstand der EnBW will aber keine Abtrennung.
Stuttgart - Das Stromnetz der Energie Baden-Württemberg (EnBW) könnte bei einem Verkauf 700 bis 900 Millionen Euro bringen. Diese Schätzung kursiert nach Informationen der StZ in Frankfurter Finanzkreisen. Bisher ist hierfür ein deutlich niedrigerer Wert genannt worden. So hat zum Beispiel der Saarbrücker Energieexperte Uwe Leprich in einer Studie für Greenpeace den möglichen Verkaufserlös im März mit 300 Millionen Euro angesetzt.
Zwar will die EnBW selbst ihre Hochspannungsleitungen gar nicht verkaufen; jedoch hat der grüne Umweltminister Franz Untersteller durch ein Interview die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt: Er empfiehlt der EnBW über den Verkauf des 3500 Kilometer langen Netzes nachzudenken, weil einerseits Geld für die Finanzierung der Energiewende gebraucht werde und andererseits eine Veräußerung den Wettbewerb stärke. EnBW-Vorstandschef Hans-Peter Villis hat immer wieder betont, dass das Leitungsnetz für ihn integraler Bestandteil des Stromgeschäfts ist. Gleichwohl ist Unterstellers Aussage nicht nur ein politisches Statement; das Land Baden-Württemberg ist mit knapp 47 Prozent an der EnBW beteiligt.
Die EnBW behält als einzige ihr eigenes Transportnetz
Das Netz gilt als intakt; der Ausbaubedarf ist vergleichsweise gering. Der Karlsruher Energiekonzern selbst macht zum Wert seines Transportnetzes keine Angaben. Aus dem EnBW-Geschäftsbericht 2010 geht lediglich hervor, dass die Sparte Stromnetz und -vertrieb im vorigen Jahr einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 265,8 (2009: 130,9) Millionen Euro verbucht hat; dieser Gewinn stammt überwiegend aus dem Netzbetrieb.
Von den einst vier großen Transportnetzbetreibern in Deutschland hält mittlerweile nur noch die EnBW an dieser Sparte fest. Der Düsseldorfer Eon-Konzern hat auf Druck der EU-Kommission das 10.700 Kilometer lange Netz der Bayreuther Tochter Transpower im Februar 2010 für 1,1 Milliarden Euro an den holländischen Netzbetreiber Tennet abgegeben. Auch der Versicherungskonzern Allianz bewarb sich damals zusammen mit Partnern um Transpower, zog aber den Kürzeren.