Im Zusammenhang mit Stuttgart 21 wirft FDP-Fraktionschef Brüderle den Grünen Populismus vor. Er hält sie für "nur noch unglaubwürdig".

Stuttgart - Die FDP nutzt die Wiederaufnahme der Bauarbeiten am Bahnprojekt Stuttgart 21 zu einer Generalabrechnung mit den Grünen. Rainer Brüderle, FDP-Fraktionschef im Bundestag, sagte der Stuttgarter Zeitung, die "vermeintlich so aufrechten Grünen" seien "nur noch unglaubwürdig. Den Praxistest bestehen sie nicht. " Die Partei agiert nach Ansicht Brüderles stets nach dem "Scheinheiligkeits-Schema-F: Populistischer Wahlkampf in der Opposition gegen Großprojekte, die dann in Regierungsverantwortung abgenickt werden". Das werde bei Stuttgart 21 so kommen, sei beim Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg so gewesen und sei derzeit auch in Rheinland-Pfalz bei der Moselbrücke der Fall, sagte Brüderle. Die FDP habe all diese Projekte dagegen stets unterstützt, da sie "für die Infrastruktur der Bundesrepublik wichtig" seien. Verlässlichkeit und Fortschritt setzten sich am Ende in Deutschland durch, "das werden auch die Grünen irgendwann begreifen müssen".

 

Zuvor hatte die Bahn nach einem knapp zweieinhalb Monate dauernden Baustopp die Arbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof wieder aufgenommen. Rund 300 Gegner demonstrierten dagegen an den Zufahrten zu den Baustellen auf beiden Seiten des Bahnhofs. Die Polizei musste mehr als 100 Demonstranten wegtragen, die den Baufahrzeugen die Einfahrt durch eine Sitzblockade versperrt hatten. Die Baustelle des Grundwassermanagements auf der Südseite war in den zurückliegenden drei Wochen regelmäßig das Ziel der Sitzblockaden gewesen. Es kam zu keinen Ausschreitungen. Die Blockierer erhalten Anzeigen wegen versuchter Nötigung.

Die Grünen fordern erneut einen Baustopp

Die Bahn geht unterdessen nicht davon aus, dass es wegen des Grundwassermanagements Probleme gibt. Zwar müsse man doppelt so viel Wasser abpumpen wie ursprünglich geplant. Ein neues Planfeststellungsverfahren sei deshalb aber nicht nötig, hieß es in Bahnkreisen. Das Eisenbahnbundesamt bestätigte unterdessen, dass die Bahn einen Antrag auf Planänderung gestellt hat. Sie möchte von der Aufsichtsbehörde die Genehmigung, statt der im Planfeststellungsbeschluss festgeschriebenen drei Millionen Kubikmeter Wasser nunmehr bis zu 6,8 Millionen Kubikmeter abpumpen und zum größten Teil wieder ins Erdreich infiltrieren zu dürfen. Ein Rechtsgutachten im Auftrag der Landesregierung hat dagegen festgestellt, die Verdoppelung der Grundwasserentnahme werfe die Frage nach der Gültigkeit des rechtskräftigen Baubeschlusses für den Tiefbahnhof neu auf.

Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat fordern unterdessen erneut einen Baustopp für das Projekt. Sie befürchten, dass durch die Verdoppelung der Menge des entnommenen Grundwassers nicht nur das Mineralwasser gefährdet sei, sondern auch das Risiko von Senkungen etwa der Staatstheatergebäude nicht auszuschließen sei.