Stuttgart 21 Die Lügen der Anderen

Im Bahnhofsstreit vermitteln beide Seiten nur ihre eigene Wahrheit. Für das Projekt spricht Wolfgang Dietrich, dagegen Matthias von Herrmann.
Stuttgart - Wenig stört die Ruhe des Feierabends auf der Anhöhe in Leonberg. Nicht das gleichmäßige Ploppen, mit dem die Tennisbälle auf den Sandplätzen aufschlagen. Nicht das Zischen, mit dem die Rasensprenkler Vorgärten bewässern. Und schon gar nicht das sanfte Hintergrundrauschen, das auch in den Garten von Wolfgang Dietrich dringt. Es stammt vom nicht enden wollenden Autostrom, der etliche Höhenmeter tiefer auf der A 81 in den Engelbergtunnel hinein- und wieder hinausfließt.
Wolfgang Dietrich, seit dem vergangenen Herbst Sprecher von Stuttgart 21, schiebt ein wenig vom Buschwerk beiseite, das wie ein grüner Vorhang seinen Garten vom Tal abschirmt. Acht Jahre lang hat er von der Höhe hinab die Bauarbeiten rund um den Engelbergtunnel miterlebt. Den Staub hat es ihm derart hinaufgeweht, dass ständig die Fenster geputzt werden mussten. "Ich verstehe, dass sich die Anwohner rund um den Bahnhof in Stuttgart wegen der Baustelle Sorgen machen", sagt Dietrich. Manchmal jedoch, sagt der 62-jährige Unternehmer, müsse der Einzelne Opfer bringen, zu Gunsten der Allgemeinheit.
Mit der Bahn Hase und Igel spielen
Dass es der Bahn und ihrem Projektsprecher Wolfgang Dietrich um das Gemeinwohl geht, passt nicht in jenes Bild, das sich Matthias von Herrmann gemacht hat. An diesem Vormittag hat es der 38-Jährige eilig auf seinem Weg ins Büro der Parkschützer, von dem aus er zu Fuß nur fünf Minuten bis zum Hauptbahnhof braucht.
Seit dem Beginn der Abrissarbeiten am Nordflügel des Bonatzbaus spielen er und die Parkschützer mit der Bahn Hase und Igel: Fast immer sind es die Aktivisten, die schon da sind, an Zäunen, vor Baustellenausfahrten. Die Polizei hetzt hinterher.
Matthias von Herrmann ist der Unruheherd im Widerstand gegen Stuttgart 21 - höchst umstritten. Ein Rattenfänger, tuscheln seine Gegner. Seine Parkschützer bilden nicht den Kern des Widerstands. Sie sind dessen heißer Rand. Auf den ersten Blick taugt er nicht zum Bürgerschreck. An diesem Tag trägt er zur Leinenhose ein Hemd, randlose Brille, aufgeräumten Kurzhaarschnitt. Wer ihn nicht kennt, würde sich nicht wundern, wenn von Herrmann sonntags von der Kanzel herab erbauliche Worte an die Gemeinde richten würde.
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