Selber Bier zapfen am Tisch – Wirtin Nina Renoldi bringt den Hit aus dem Rheinland und aus Bremen zum Frühlingsfest. Erstmals gibt’s in ihrer Königsalm Zehn-Liter-Fässer für den eigenen Fassanstich. Wird daraus ein Trend? Was sagen die anderen Wirte dazu?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Seit Jahren ist Nina Renoldi, Spross einer Schaustellerfamilie in der siebten Generation, auf dem Bremer Freimarkt mit ihrer Almhütte vertreten. Und seit Jahren wollen ihre Gäste dort vor allem eines, sagt sie: ein kleines Bierfass auf dem Tisch, das man in fröhlicher Runde selbst anstechen kann. „Das ist immer eine Mordsgaudi“, berichtet die Festwirtin, „supergut für gesellige Runden.“

 

Was im Norden und im Rheinland längst Trend sei, dem will die 45-Jährige nun auf dem Cannstatter Wasen zum Durchbruch verhelfen. Weil Nina Renoldi von dieser Idee überzeugt ist, hat sie 1000 Fässer mit einem Fassungsvermögen von je zehn Litern in Zusammenarbeit mit Hofbräu herstellen lassen. Es sei nicht leicht gewesen, alle in Stuttgart davon zu überzeugen, sagt sie. Beim Frühlingsfest, das am 22. April beginnt, feiert die Festwirtin also Premiere mit dem neuen Angebot.

Der Liter Bier kostet zwischen 12,50 und 13,40 Euro

Das Zehn-Liter-Fass kostet 125 Euro und wird gekühlt an den Tisch gebracht. Damit kostet die Maß 12,50 Euro. Für den Liter Bier zahlt man in diesem Jahr auf dem Cannstatter Festgelände zwischen 12,60 und 13,40 Euro.

Erstmals baut Nina Renoldi beim Frühlingsfest ihre Königsalm auf. Die ist massiv aus Südtiroler Holz gebaut. Die Überreste von 30 verfallenen Bauernhöfen bekommen ein neues Leben geschenkt. Vor sieben Monaten war Renoldi mit der „großen Schwester“ des Almhüttendorfs bereits beim Cannstatter Volksfest vertreten. Weil sie den Zuschlag so kurzfristig bekommen hatte, war die Belegung unter der Woche nicht so, wie sie sein sollte. „Fürs Frühlingsfest haben wir bereits jetzt mehr Reservierungen als im vergangenen Herbst“, sagt sie erfreut. Und was ihr besonders gefällt: „Die Buchungen der Zehn-Liter-Fässer sind echt gut, obwohl man diesen Brauch hier gar nicht kennt.“

Die kleinen Fässer werden 24 Stunden lang vorgekühlt und kommen also kalt auf den Tisch. Mit dem Eigengewicht wiegt ein Fass dann elf Kilo. „Die Kellner helfen beim Transport den Kellnerinnen, die das vielleicht nicht schaffen“, sagt Nina Renoldi. In Bremen komme dieses Angebot nicht nur bei den Gästen gut an, sondern auch beim Personal. Die Bedienungen müssten nicht so oft an den Tisch, weil die zehn Liter eine Weile reichten. Getrunken wird aus Halb-Liter-Krügen. Eigentlich dürfe sie in der Königsalm nun auch aus Maßkrügen ausschenken, was im Almhüttendorf nicht erlaubt war. Doch: „Im Halb-Liter-Glas ist das Bier frischer“, sagt die Festwirtin.

Für den Fassanstich bräuchten die Gäste keinen Hammer, erklärt die Chefin, man könne fürs Einschlagen des Zapfhahns auch den Krug verwenden. Oben müsse man Luft reinlassen. Wer es allein nicht schaffe, bekomme Hilfe vom Personal.

Die Kollegen auf dem Wasen sind skeptisch

Wird daraus in Stuttgart ein Trend, wie Nina Renoldi glaubt? Ihr Kollege Hans-Peter Grandl ist skeptisch. „Wie gut das ankommt, weiß man erst hinterher“, sagt er. Erst nach dem Frühlingsfest könne man den Versuch mit den kleinen Fässern bewerten. Fritzi Weeber vom Wasenwirt sagt aus seiner „35-jährigen Erfahrung, auch mit meinem Vater“, dass die die große Mehrheit in Stuttgart Maßkrüge wünsche und sich gern bedienen ließe.

Til Odenwald von Dinkelacker/Schwabenbräu bezweifelt, dass die Zehn-Liter-Fässchen im Süden ein Trend werden könnten. „Die kleinen Fässer kommen eigentlich aus dem Rheinland“, sagt er, „dort haben die Kölsch- und Altbierbrauereien das kleine Fass seit vielen Jahren als ,Pittermännchen’ im Verkauf.“ Privatleute holten sich so ein Fässchen direkt bei der Brauerei ab. Dort sei zu beobachten, dass das ,Pittermännchen’ latent an Bedeutung verliere, was Odenwald „persönlich sehr schade“ findet. Man müsse das Zehn-Liter-Fass von der Fünf-Liter-Dose abgrenzen. Die Wirte von Dinkelacker/Schwabenbräu böten bereits seit Jahren Magnum-Flaschen an, der Gedanke sei dabei ähnlich: „Ein Genussmoment in geselliger Runde schaffen.“ Seine Brauerei beobachte den Markt „sehr aufmerksam“ und werde sich einem neuem Trend „nicht verschließen“. Aktuell rechnet er nicht damit, dass sich das Ein-Fass-für-jeden-Tisch-Prinzip durchsetze, aber ausschließen will er es nicht.