Bei einem 4:1-Auswärtssieg lässt sich ein Gegentor doch eigentlich locker verschmerzen. Felix Dornebusch war aber auch Anfang der Woche noch leicht säuerlich: „Mich ärgert das Gegentor extrem“, sagt der Torwart des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers. Zumal der Treffer des 1. FSV Mainz 05 II am vergangenen Sonntag zum 1:3 haltbar war und der Ball nur deshalb über die Linie rollte, da Dornebusch mit seinem Standbein weggerutscht war.
Letztes Spiel gegen Kassel
Der Frust über das Mainzer Ehrentor zeigt den Ehrgeiz des Schlussmanns. Denn unterm Strich kann er mit seiner persönlichen Bilanz und der der gesamten Mannschaft hochzufrieden sein: Die Blauen grüßen vor dem letzten Spiel des Jahres an diesem Samstag (14 Uhr/Gazi-Stadion) gegen den KSV Hessen Kassel von Platz eins. Er selbst stand in allen 23 Pflichtspielen von der ersten bis zur letzten Minute zwischen den Pfosten. Selbst im WFV-Pokal-Zweitrundenspiel bei Landesligist TSV Weilimdorf (7:0) nahm Trainer Mustafa Ünal keinen Wechsel vor.
Der Grund: Der neue Keeper sollte sich mit seiner Innenverteidigung einspielen. Da tat jede Minute gut, egal auf welchem Niveau der Gegner unterwegs ist. „Es ist schon sehr, sehr wichtig, dass man speziell mit seinen Innenverteidigern gut harmoniert“, sagt Dornebusch. Im Laufe dieser Saison hatte er immer wieder andere Vorderleute. Das Duo Niklas Kolbe/Paul Polauke war gesetzt – bis zum 7. Oktober. Im Spiel beim Bahlinger SC (1:1) fehlte Kolbe krankheitsbedingt, zu allem Überfluss zog sich Polauke nach zehn Minuten einen Schlüsselbeinbruch zu. Plötzlich hieß das Pärchen vor Dornebusch Nico Blank/Melvin Ramusovic.
Wechselspiele im Abwehrzentrum
Damit spielten zwei gelernte defensive Mittelfeldspieler im Abwehrzentrum. Nach der Roten Karte von Blank in Koblenz ging das muntere Wechselspielchen weiter – Leon Maier übernahm die Innenverteidigerrolle. „Alle, die vor mir spielten, haben ihre Sache gut gemacht“, lobt Dornebusch. Er verhehlt aber nicht, dass man es merkt, ob ein gelernter Innenverteidiger oder ein gelernter Mittelfeldspieler hinten drin spielt. „Das Gefühl, wann man rausschiebt, wann man sich fallen lässt, ist unterschiedlich. Ein gelernter Sechser ist es gewohnt, Bälle zu erobern, da muss man als Torwart hellwach sein. Für einen Innenverteidiger gilt eher ‚safety first‘“, sagt Dornebusch.
Doch egal, in welcher Konstellation die Kickers auflaufen – die Bilanz ist beeindruckend. In den 20 Regionalliga-Spielen gab es gerade mal 13 Gegentore. Elfmal spielten die Blauen zu null. „Ohne eine stabile Defensive funktioniert im Fußball nichts“, betont der Keeper. Dass die Blauen so sicher stehen wie Fort Knox, daran hat er selbst großen Anteil. Der 1,93-Meter-Mann hat mit seiner körperlichen Präsenz, Dominanz, Ausstrahlung und Ruhe das Torwartspiel bei den Blauen auf ein neues Niveau gehoben.
Teamgeist so gut wie nie
Seine Verpflichtung vom Drittliga-Absteiger VfB Oldenburg entpuppte sich für die Kickers als Königstransfer. Auch für Dornebusch haben sich die Erwartungen mehr als erfüllt: „Es macht riesig Spaß, hier zu spielen, wir sind eine eingeschworene Truppe. So einen ausgeprägten Teamgeist habe wirklich ich noch nirgends erlebt.“ Und der gebürtige Wittener ist schon viel herumgekommen: Schalke 04, VfL Bochum, 1. FC Nürnberg, Eintracht Braunschweig und Fortuna Sittard/Niederlande lauten die Stationen.
Wo das Ganze mit den Kickers noch enden soll? Dornebusch hält den Ball flach, lässt sich – ganz nach offizieller Vereinslinie – keine Aufstiegsträume entlocken: „Es ist einfach schön, dass wir die 40-Punkte-Marke geknackt haben“, sagt er und ergänzt dann aber immerhin: „Wir wären schlechte Sportler, wenn wir nicht alles versuchen würden, so lange wie möglich auf Platz eins zu bleiben.“
Dass die Blauen auf dem Platz an der Sonne überwintern, steht jetzt schon fest. Klappt’s mit dem Heimsieg gegen Kassel, wäre der Lohn sogar ein Vier-Punkte-Polster.