Am 1. März tritt die neue Landesbauordnung in Kraft. Darin werden Fahrradabstellplätze in Neubauten vorgeschrieben. Speziell in Wohnhäusern sind zwei Plätze pro Einheit vorgesehen. Auch das barrierefreie Bauen wird gefördert.

Stuttgart - Die grün-rote Landesregierung hat nachweislich ein Herz für Fahrradfahrer, Behinderte und Solaranlagen-Besitzer – ob sie auch eines für Bauwillige hat, ist aber unklar. Die Änderungen an der am Sonntag in Kraft tretenden neuen Landesbauordnung (LBO) sind jedenfalls umstritten. Die Leiterin des Baurechtsamts, Kirsten Rickes, hat einige Neuerungen im Technischen Ausschuss erläutert und zudem deutlich gemacht, dass es keine Übergangsregelung gebe, sodass auch vor dem 1. März gestellte Anträge nach dem neuen Recht beurteilt würden. Ihre Behörde berücksichtige allerdings „die verschiedenen Bearbeitungszustände“ und kommt damit der Forderung von Freie-Wähler-Fraktionschef Jürgen Zeeb nach einer „unbürokratischen Behandlung“ nach. Der Architekt sagte, es bestimme schließlich nicht der Antragssteller den Zeitpunkt der Genehmigung. Für jene aber, die ihren Antrag nach Bekanntgabe der Änderung am 21. November vergangenen Jahres gestellt haben, gilt definitiv das neue Recht.

 

Neu ist die Pflicht, genügend Fahrradabstellplätze zu bauen. Speziell in Wohnhäusern sind zwei Plätze (mit mindestens 1,6 Quadratmeter Fläche) pro Einheit vorgesehen. Ausnahmen sind aber möglich. Neu ist auch, dass bis zu einem Viertel der vorgeschriebenen Kfz-Stellplätze (heute mindestens einer pro Wohnung) durch vor Wind und Wetter geschützte Radabstellplätze ersetzt werden dürfen. Die Stadt darf nun weniger als einen privaten Kfz-Stellplatz pro Wohnung festlegen, etwa in dicht besiedelten Gebieten oder für große Sozialwohnungsblöcke. Während Martin Körner (SPD) vor höheren Baukosten warnt, geht Christoph Ozasek (Linke) von einer Senkung aus, weil teure Tiefgaragenplätze wegfielen. Ein Kfz-Stellplatz beansprucht rund 21 Quadratmeter Fläche, vier Radabstellplätze nur 6,4 Quadratmeter. Bauwillige müssen allerdings Abstellflächen für Kinderwagen und Gehhilfen einplanen.

Wohnräume müssen für Rollstuhfahrer nutzbar sein

Damit mehr behindertengerechte Wohnungen angeboten werden, sind zwei Änderungen beschlossen worden: Hat ein Gebäude mehr als zwei Einheiten (bisher vier) pro Stockwerk, müssen die Wohnungen barrierefrei sein. Und die einzelnen Räume müssen nicht nur für Rollstuhlfahrer zugänglich sein, die Behinderten müssen sie auch richtig nutzen können.

Die grüne Handschrift zeigt sich bei den Änderungen im Abstandsrecht: So bleibt nun eine Wärmedämmung an bestehenden Gebäuden bis 25 Zentimetern unberücksichtigt. Und kann der unbebaute Teil eines Grundstücks nicht begrünt werden, muss stattdessen das Dach oder die Fassade bepflanzt werden. Solaranlagen werden auch dann genehmigt, wenn das betreffende Gebäude so gewerblich genutzt würde– also etwa, wenn sich mehrere Personen zusammen tun, um das Nachbardach oder Garagen mit Solarpaneelen zu bestücken. Künftig müssen Mobilfunkanbieter auch Antennen bis zehn Metern Höhe zwei Monate vor der Installation angeben.

Baurechtsamtsleiterin sieht Probleme

Problematisch ist für Amtsleiterin Rickes die Änderung beim Kenntnisgabeverfahren. Die simple Form der Antragsstellung ist nur gestattet, wenn das Bauvorhaben zu 100 Prozent dem Bebauungsplan entspricht. Nur wer weiß das so genau? Rickes erwartet unzulässige Verfahren und Bestrafungen bis hin zum Rückbau. Kritisch sieht sie auch die Einführung einer Anzeigepflicht für Grundstücksteilungen. Der Bauwillige gehe davon aus, alles richtig gemacht zu haben, wenn er nichts von der Verwaltung höre. Diese kann den Fall mangels Unterlagen aber gar nicht prüfen, allenfalls vor Ort. Dafür fehle aber das Personal. Konsequenz: Wird später entdeckt, dass Feuerwehraufstellflächen oder Stellplätze weggefallen sind, droht ein Bußgeld.