Wie ein Blitz aus heiterem Himmel wurde Backes’ „Nachtcafé“-Team von der Nachricht getroffen, dass die Nachfolge-Sendung der Talkshow von 2015 anstatt aus Ludwigsburg aus Baden-Baden kommen soll. Am Freitag stellt sich der Fernsehdirektor der Debatte.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Christoph Hauser hat sich nicht lange bitten lassen. Kaum hatte der SWR-Fernsehdirektor in Baden-Baden von der Aufregung im Team von Wieland Backes’ „Nachtcafe“ erfahren, kündigte er auch schon einen Besuch in Stuttgart an. Am Freitag bereits wird er im Boschareal erwartet, wo die Abteilung „Journalistische Unterhaltung“ residiert. Dort dürften jede Menge Fragen, Sorgen und Befürchtungen auf ihn einprasseln.

 

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel wurde Backes’ Team von der Nachricht getroffen, dass die Nachfolge-Sendung der renommierten Talkshow von 2015 an aus Baden-Baden kommen soll und die Redaktion womöglich gleich mit umziehen muss. Passé wäre dann das Schloss Favorite in Ludwigsburg, das der Plauderrunde ein ganz besonderes Flair verlieh, künftig würde aus dem E-Werk in der Kurstadt gesendet. Dort, wo noch bis Herbst 2015 auch Frank Elstners „Menschen der Woche“ läuft, gebe es die passende „technische Infrastruktur“, verkündete der SWR im Zuge der Bekanntgabe eines millionenschweren Sparpakets; der Ortswechsel, hieß es, sei „angedacht“.

Doch die Überlegungen sind offenbar schon weit gediehen – und die Backes-Leute entsprechend alarmiert. Sie stehen ohnehin vor einer nicht geringen Herausforderung, wenn der Moderator das „Nachtcafe“ Ende 2014 nach fast 28 Jahren aufgibt. Längst sei es ein „Markenzeichen im SWR Fernsehen“ geworden, lobte der TV-Direktor Hauser zum Abschied. Das Nachfolgeformat soll diesem hohen Anspruch gerecht werden. Über Konzept und Köpfe wird gebrütet. Wie bisher plant man Unterhaltung mit Tiefgang, will gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen und Debatten anstoßen.

Es geht doch auch um Stuttgart als Medienstandort

Doch mit dem Umzug nach Baden-Baden, fürchtet die 25-köpfige Truppe, steht der Neubeginn unter keinem guten Stern. Schnöde wirtschaftliche Gründe vermutet sie hinter den Plänen: An der Oos seien Produktionskapazitäten frei, die ausgelastet werden müssten. Die negativen Folgen würden da kaum bedacht. Doch wenn die neue Sendung wieder zum Aushängeschild werden solle, sei es eben nicht egal, wo sie produziert werde. Nach Baden-Baden zum Beispiel bekomme man nicht die gleichen hochkarätigen Talkgäste wie nach Stuttgart, schon aus praktischen Gründen: Mancher Prominente sei direkt vom Rollfeld in Echterdingen abgeholt worden.

Auch das Umfeld spiele eine große Rolle bei einer Redaktion, die alle Facetten der Gesellschaft – auch die dunkleren – ausleuchten soll. Im Mittleren Neckarraum sei man eben näher am richtigen Leben als im „Rentnerparadies“ Baden-Baden. Unglücklich wären die Macher zudem, wenn die neue, spritzige Talkrunde neun Monate lang aus den gleichen Kulissen käme wie Elstners brave „Menschen der Woche“. Vielleicht, argwöhnen Skeptiker, solle sie sogar weichgespült werden. Immer wieder nämlich gab es für den Sender Ärger wegen des „Nachtcafes“, mussten die SWR-Oberen Druck aus der Politik aushalten; zuweilen gab sie ihm wohl auch nach. Auch die Kooperationen mit der Hochschule der Medien in Stuttgart und der Filmakademie würden bei einem Umzug nach Baden-Baden erschwert. Dabei ist der Kontakt zum Nachwuchs wichtig für einen Sender, dessen Zuschauer immer grauer werden.

Aus Sicht der Backes-Mannschaft geht es aber nicht nur um ihre Sendung, sondern um den Medienstandort Stuttgart generell. Der werde schon dadurch geschwächt, dass es dort künftig keinen eigenen SWR-Fernsehchefredakteur mehr gebe. Wenn Michael Zeiß demnächst in den Ruhestand geht, werden seine Aufgaben von seinem Mainzer Kollegen Fritz Frey mit übernommen; die Doppelbesetzung, heißt es, sei nicht mehr geboten. Der Wegzug des „Nachtcafés“ wäre aus Sicht der Kritiker ein weiterer schwerer Schlag für Stuttgart. Die Behauptung, die Studios dort seien voll ausgelastet, halten sie für vorgeschoben: 2015 würden sehr wohl wieder Kapazitäten frei. Christoph Hauser trifft also auf eine argumentativ gut gerüstete Runde. Nun wird mit Spannung erwartet, wie er die Einwände pariert.