In den plötzlich abgespeckten Plänen der Allianz für den Synergiepark in Stuttgart-Vaihingen sehen sich viele Lokalpolitiker bestätigt – und stellen eine Forderung an den Konzern.

Vaihingen - Das Thema Allianz schlägt in Stuttgart-Vaihingen hohe Wellen. Der Konzern will im Synergiepark nur rund die Hälfte der geplanten 4500 Arbeitsplätze realisieren und auf zwei von fünf Gebäuden verzichten. Die beiden Gebäude sollen für den Innovationspark Künstliche Intelligenz (KI) genutzt werden. Der örtliche Bezirksbeirat als beratendes Gremium hatte die Allianz-Ansiedlung im Synergiepark stets mehrheitlich abgelehnt. Gründe dafür waren unter anderem das Verbauen einer für das Stadtklima wichtigen Kaltluftschneise und die zusätzliche Belastung des Stadtbezirks durch Berufspendler. Schon damals kursierte im Gremium der Verdacht, dass die Allianz gar nicht so viel Platz brauche und durch das Herangehen ans Maximum Planungsgewinne abschöpfen wolle.

 

Planungsgewinn in Schulen investieren

Der CDU-Bezirksbeirat Ulrich Bayer sieht nun die Allianz in einer moralischen Pflicht. Seiner Auffassung nach soll sie ihren Planungsgewinn – die Rede ist von mindestens zehn Millionen Euro – dem Stadtbezirk Vaihingen zu Gute kommen lassen. „Die Allianz-Fläche wurde zugunsten der Innenstadt freigegeben. Nicht nur für die Uhlandstraße, sondern auch für die Reinsburgstraße an der Karlshöhe“, sagt er. Werde der Planungsgewinn in der Innenstadt verwandt, dann werde sich das Gefühl in den Außenbezirken der Landeshauptstadt verstärken, dass in der Innenstadt nennenswert zu Lasten von Außenbezirken wie Vaihingen investiert werde.

Der Christdemokrat Bayer kann sich vorstellen, dass der Planungsgewinn für die Digitalisierung der Vaihinger Schulen gut angelegt wäre. Zur geplanten Nutzung der frei werdenden Allianz-Fläche für den Innovationspark Künstliche Intelligenz (KI) sagt Bayer: „Die Coronakrise führt uns die Wichtigkeit von Arbeitsplätzen deutlich vor Augen. Wenn Flächen bereits überplant sind, muss man sie für innovative Jobs nutzen.“ Für die kommende Sitzung des Vaihinger Bezirksbeirats hat Bayer einen Beschlussantrag seiner Fraktion formuliert: „Der Bezirksbeirat Vaihingen fordert den Oberbürgermeister und den Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart auf, bei einem Teilverkauf der für Allianz an der Heßbrühlstraße beplanten Fläche, dafür Sorge zu tragen, dass der Konzern Allianz sich als bisheriger Eigentümer verpflichtet, den entstandenen Planungsgewinn der ehemaligen Sportfläche der Stadtverwaltung und dem Bezirksamt Vaihingen zur Verfügung zu stellen“, heißt es in der Forderung. „Und zwar ausschließlich für Lösungen in und für Vaihingen. Unter Einbindung des Bezirksbeirats Vaihingen.“

Gebäude für den Innovationspark Künstliche Intelligenz?

Auch die Grünen im Vaihinger Bezirksbeirat nehmen am Planungsgewinn des Allianz-Konzerns Anstoß. „Es ist nun eingetreten, was in unserem Gremium immer angemahnt wurde, nämlich das Abschöpfen des Planungsgewinns“, sagt Volker Schweizer. Nun, da die Allianz nicht so viel Platz brauche, könne man darüber nachdenken, ob nicht doch eine umweltverträglichere Bauweise in der Kaltluftschneise möglich sei. Die Künstliche Intelligenz sei sicher eine sinnvolle Nutzung der Gebäude. „Es ist immer gut, hier Zukunftsprojekte zu etablieren“, sagt Schweizer. „Es bewerben sich aber auch noch viele andere um einen Standort, so dass ich mich frage, was geschehen wird, wenn es mit der KI dort nicht klappt und was dies für das Grundstück bedeutet.“

„Die Nachricht, dass die Allianz, noch bevor sie auf dem Synergiepark eingezogen ist, nur noch rund die Hälfte ihrer Arbeitsplätze realisieren will, hat uns überrascht“, sagt Michael Mehling (FDP). Nicht überraschen dürfe es allerdings, dass die Allianz die Flächen, die sie nicht mehr brauche, verkaufe oder vermiete. Es gebe einen gültigen Bebauungsplan, und die Allianz bewege sich im rechtlich gültigen Rahmen. „Wir würden es aber als angemessen empfinden, wenn sich die Stadt und die Allianz über den Planungsgewinn einigen könnten“, sagt Mehling. „Weil Vaihingen die gesamte Last trägt, wäre es schön, wenn er dem Stadtbezirk zu Gute käme. Dies hängt allerdings ausschließlich vom guten Willen der Allianz ab.“ Den vorgesehenen Standort für den Innovationspark Künstliche Intelligenz im Synergiepark betrachtet der Liberale als „große Chance für Vaihingen und eine Aufwertung des Synergieparks“. Er würde sich sehr freuen, wenn im Bezirksbeirat einmal die Pläne dafür gezeigt würden.

Alte Befürchtungen sind nun offenbar eingetreten

„Es kommt immer so, wie ich es vorhergesagt habe, nur schlimmer“, kommentiert der Bezirksbeirat Gerhard Wick (Die Fraktion) die Ereignisse. In einer ausführlichen Stellungnahme zum Allianz-Bebauungsplan habe er gesagt: „Der Allianz-Konzern will die Bebauungsplan-Änderung, und er will damit einen Planungsgewinn mitnehmen. Darum geht es im Grunde. Nicht darum, dass die Allianz Stuttgart neue, modernere Büros braucht. Die hätten auch im bestehenden Gewerbegebiet entstehen können.“ Der Allianz-Konzern habe das Angebot, die ehemaligen KNV-Flächen, auf denen jetzt Daimler bauen lasse, zu kaufen, abgelehnt und bei der Ausschreibung des Architekten-Wettbewerbs darauf bestanden, die Gebäudekomplexe als autonome Einheiten zu errichten, die weitervermietet werden könnten. „Der neue Bebauungsplan“, urteilte Wick damals, „ist nichts anderes als ein Millionengeschenk an einen Großkonzern“. Er wage deshalb eine weitere Vorhersage: „Demnächst werden wir uns mit Planänderungen befassen müssen, weil die von der Allianz nicht benötigten Gebäude für das KI-Zentrum doch nicht ganz reichen und man das Bau- und/oder das Flächenvolumen noch etwas ausweiten muss“, sagt Gerhard Wick.

„Wir sind der Meinung, dass wir jetzt alles so durchziehen sollten, wie es geplant ist, damit die Arbeitsplätze hierbleiben“, sagt Teresa Schernikau (Freie Wähler). Die Gespräche bezüglich der Gebäude für den Innovationspark Künstliche Intelligenz sehen wir sehr positiv, denn das würde absolut gut zum Wissenschaftsstandort Vaihingen passen.“