Tagesmütter betreuen lieber Kleinkinder als Kinder über drei Jahren – denn für die Kleinsten gibt es mehr Geld. So könnte ein Verdrängungswettbewerb entstehen.

Stuttgart - Für ein Kind unter drei Jahren soll eine Tagesmutter 5,50 Euro pro Stunde bekommen, ist das Kind älter als drei, sind es nur noch 4,50 Euro. Also betreuen die Tagesmütter lieber Kleinkinder als Kinder, die auch in den Kindergarten gehen könnten. Bei steigender Nachfrage nach Plätzen und stagnierender Zahl von Tagesmüttern kann sich daraus durchaus ein Verdrängungswettbewerb ergeben.

 

Der Landesverband der Tagesmütter sieht die Veränderungen mit gemischten Gefühlen. Zum einen zeigt sich Christina Metke, die Verbandsvorsitzende, zufrieden damit, dass die sogenannten Geldleistungen überhaupt angehoben werden sollen. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) sowie der Städte- und der Landkreistag empfehlen den Kommunen, die Leistungen von bisher 3,90 Euro pro Stunde aufzustocken. Das begrüßt der Verband. Dass die Zuschüsse abhängig vom Alter der Kinder gesplittet sind, gefällt Metke schon weniger. „Die Splittung ist eine politische Entscheidung. Die zusätzlichen Mittel fließen nur in den U3-Bereich.“ Die Landesregierung stellt allein für das Jahr 2012 zusätzlich 315 Millionen Euro für die Kleinkindbetreuung bereit.

Verdrängung nicht beabsichtigt

Der Tagesmütterverband erklärt, die Verdrängung könne nicht beabsichtigt sein. Gerade im ländlichen Raum könnten berufstätige Eltern sich oft nicht allein auf Tagesstätten verlassen, um die passende Betreuung zu finden. Für den Verband kommt es jetzt darauf an, dass die Kommunen die Empfehlungen auch umsetzen. Denn jede Stadt ist frei, ihr eigenes Modell zu entwickeln. Der erste Mai wird als Stichtag angepeilt. Ihren Forderungen wollen die 50 Tagesmüttervereine im Land mit Veranstaltungen Nachdruck verleihen. Vom 21. bis 28. April rufen sie zur Aktionswoche auf. Am 2. Mai werden sie im Landtag ihre Wanderausstellung „Kindertagespflege, familiär gut betreut“ präsentieren.

Metke ist zuversichtlich. „Fast alle Kreise halten sich an die Empfehlung“, sagt die Vorsitzende. Dabei ist das Splitting kein Muss. Die Tagesmüttervereine hoffen, dass viele Kommunen das Splitting nicht umsetzen. Die FDP unterstützt die Forderung nach gleicher Bezahlung für die Betreuung von Kindern unter und über drei Jahren. Das sei im Interesse echter Wahlfreiheit.

Als positiv wertet Metke die Absichtserklärung, dass die Elternbeiträge für Tagesmütter an die Elternbeiträge von Kitas angeglichen werden. Bisher hätten sich viele Eltern gegen Tagesmütter entschieden, weil die Gebühren wesentlich höher waren. „Durch die Harmonisierung wird das Wahlrecht der Eltern gestärkt“, lobt die Stuttgarterin.

Die neuen Empfehlungen wertet der Landesverband als Stärkung und Anerkennung der Kindertagespflege. „Mit 5,50 Euro pro Stunde ist man einer leistungsgerechten Vergütung einen großen Schritt nähergekommen“, erklärt der Verband. Die Vertreter hoffen, dass dann auch mehr Tagesmütter gewonnen werden können. Zurzeit betreuen rund 7000 Tagesmütter (und hundert Väter) circa 17 000 Kinder. Der Verband regt an, die Geldleistungen pauschal zu überweisen. Bis jetzt müssen die Tagesmütter Stundenzettel führen und die Betreuung nachträglich abrechnen. Um die Qualität der Betreuung zu steigern, sollten mehr Fachberater für Tagesmütter eingestellt werden. Bislang ist eine Fachberatung für 143 Kinder zuständig. Der Verband fordert auch aus Kinderschutzgründen einen Schlüssel von eins zu 90.