Manuel Neuer, Thomas Müller und Ilkay Gündogan haben die deutsche Nationalelf in den vergangenen Jahren geprägt. Ob und wie es für sie weitergeht, ist offen.
Thomas Müller will nur noch weg. Gut eine Stunde nach dem letzten Gruppenspiel gegen Costa Rica (4:2) und dem bitteren WM-Aus stellt sich der Offensivspieler den Fragen der wartenden Journalisten. Als der 33-Jährige im Bauch des zeltartigen Al-Bayt-Stadions gefragt wird, wo denn der deutsche Fußball nun steht, gibt Müller zunächst bereitwillig Auskunft. Dass dies aber auch für den so erfahrenen Fußballprofi keine normale Situation ist, wird schnell klar.
„Wir haben die Erwartungen bei den großen Turnieren in den letzten Jahren nicht erfüllen können, weil wir als Team nicht überall Spezialisten auf dem Platz haben“, sagt der Weltmeister von 2014. Dann versagt ihm die Stimme. Müller ist den Tränen nahe, sagt noch: „Wir haben sehr viele Spieler, die sehr talentiert sind . . .“ Dann, plötzlich, bricht er das Interview ab und verschwindet in die Nacht.
Gut möglich, dass der auch für ihn selbst in jeder Hinsicht unglückliche Auftritt gegen Costa Rica das letzte Länderspiel in der Karriere des zünftigen und wortgewandten Oberbayern war – nach 121 Einsätzen insgesamt. Unmittelbar nach dem Spiel ließ er im TV bereits seinen Abschied durchklingen, etwas später in der Mixed Zone sagt der Münchner Altstar: „Was die Zukunft betrifft, werde ich mir die nötige Zeit geben und ein paar Tage nachdenken.“ Er wolle sich noch mit seiner Frau besprechen.
Das zweite WM-Debakel nacheinander nagt schwer an Müller. Der 33-Jährige ließ bei diesem Turnier alles vermissen, was ihn stark macht oder gemacht hat. Instinkt, Torgefahr und die Fähigkeit, seine Nebenleute einzusetzen und besser zu machen. Die Zeit des Münchners dürfte in der DFB-Auswahl abgelaufen zu sein, eine große Karriere im DFB-Dress zu Ende gehen.
Das abermalige frühe Aus trifft auch die anderen Veteranen im Kader mächtig, die wie Torwart Manuel Neuer eine Ära im Nationalteam geprägt haben. Der Kapitän will jedoch nichts von einem Rücktritt wissen. Neuer hat inzwischen 117 Länderspiele auf dem Buckel – und will weitermachen. „Wenn ich eingeladen werde“, wie er kurz und knackig und ohne allzu große Emotionen zu zeigen sagt. Neuer ist inzwischen 36 Jahre alt, dürfte als Keeper schon noch das eine oder andere gute Jahr vor sich haben und auch auf höchstem Niveau agieren können. Bei der WM sah auch er – wie bei Costa Ricas zwischenzeitlichem Führungstor zum 2:1 – nicht immer gut aus.
Mittelfeldspieler Ilkay Gündogan könnte anders als Müller und Neuer, die WM-Helden von 2014, in der Nationalmannschaft als gescheitert gelten. Obwohl der feine Techniker von Manchester City ein hervorragender Fußballer ist und als einer der wenigen Deutschen bei dieser Weltmeisterschaft nicht enttäuschte. Im Gegenteil: Gündogan war ein Stabilisator in einer ansonsten wackligen Formation. Als ihn Bundestrainer Hansi Flick gegen Japan und Costa Rica jeweils vorzeitig vom Feld holte, brachen im Spiel der DFB-Elf die Dämme.
Nun läuft Gündogan (66 Länderspiele) die Zeit davon. Er ist auch schon 32 und wäre bei der Heim-EM in eineinhalb Jahren fast 34. Der gebürtige Gelsenkirchener hat jüngst seinen Vertrag bei Manchester City verlängert. Seine Zukunft in der Nationalmannschaft selbst lässt er nach der Pleite in der Wüste offen. Zu tief sitzt die Enttäuschung. Es wäre aber keine Überraschung, wenn auch er demnächst Abschied nimmt oder nehmen muss.