Der ruhmreiche TTC Frickenhausen ist in die Landesklasse abgestürzt. Das Eigengewächs Dang Qiu kommt dagegen der Weltspitze immer näher – am Sonntag startet er mit dem ASV Grünwettersbach in die neue Saison der Tischtennis-Bundesliga.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Stuttgart - Deutscher Tischtennis-Pokalsieger mit dem ASV Grünwettersbach Anfang Januar, Sieger der Portugal Open im Februar und Gesamtsieger des Düsseldorf Masters im August – für Dang Qiu läuft das Jahr 2020 trotz Corona-Krise bisher richtig rund. „Die Disziplin und das harte Training zahlen sich aus“, sagt der gebürtige Nürtinger vor dem Start mit seinem Verein in der Tischtennis-Bundesliga am kommenden Sonntag (15 Uhr) beim Post SV Mühlhausen. Und auch Bundestrainer Jörg Roßkopf lobt die positive Entwicklung des 23-Jährigen: „Dang arbeitet sehr akribisch an seiner Karriere und ist auch in der Nationalmannschaft voll angekommen. Er ist nicht mehr schüchtern, sondern gehört zu den Wortführern und sagt klar seine Meinung.“

 

TTC stürzt in die Landesklasse

Wer den Namen Qiu hört, der verbindet dies zumindest in der Region Stuttgart mit einem Verein: dem TTC Frickenhausen. Vater Jianxin Qiu, Studentenweltmeister 1987, prägte den Club, führte ihn als Trainer 2006 und 2007 zu zwei deutschen Meisterschaften sowie auf der europäischen Bühne zum ETTU-Pokal-Triumph 2006. Inzwischen ist der Verein aus finanziellen Gründen in den Niederungen der Landesklasse versunken. Die Qius machten notgedrungen den Abflug. Nur Mutter Chen Hong, eine ehemalige chinesische Nationalspielerin, hält die Stellung im eigenen Haus im Frickenhausener Ortsteil Linsenhofen.

Lesen Sie hier: Timo Boll heiß auf den Geister-Meister-Titel

Papa Jianxin trainiert – mit einem sehr lukrativen Vertrag ausgestattet – in Tokio erfolgreich das Firmenteam Kawasaki Meister, vergleichbar mit einem Bundesligisten. Der Experte soll in Japan mithelfen, die übermächtigen Chinesen bei den Olympischen Spielen vom Sockel zu stoßen. Der ältere Qiu-Sohn Liang tritt nach Stationen in Kroatien und Schweden nun für den Zweitligaclub TTC Jülich an. Der 25-Jährige liegt in der Weltrangliste nur auf Platz 593, sein jüngerer Bruder klettert dagegen Schritt für Schritt nach oben, derzeit rangiert er auf Platz 52. „Natürlich will ich nicht ewig auf Rang 52 bleiben, Timo Boll und Dimitri Owtscharow sind dabei meine Vorbilder “, sagt der Penholder-Spieler mit Blick auf seine Ziele.

Der harte Weg in die Top Ten

Der Weg in die Top Ten der Welt ist hart, sehr hart. Doch der Bundestrainer sieht durchaus Chancen für Dang Qiu in die Phalanx der ganz Großen vorzudringen: „Im Sport ist jedem alles zuzutrauen und Dang bringt die Grundvoraussetzungen Ehrgeiz und Wille mit“, sagt Jörg Roßkopf, früher selbst Welt- (Doppel) und Europameister (Einzel und Doppel).

Lesen Sie auch: Warum Tischtennis ein Image-Problem hat

Wer Qiu diese Werte mitgegeben hat, liegt auf der Hand: seine Eltern. Mit eiserner Disziplin, aber ohne Drill, arbeiteten sie im Neuffener Tal tagtäglich an der Karriere ihrer Söhne. Ohne dabei die Schule zu vernachlässigen. Beide machten Abitur. Liang wollte Ingenieur werden, Dangs Berufswunsch war eigentlich Architekt, dann schlug er aber doch die Tischtennis-Profilaufbahn ein. „Ich wollte mir zwei, drei Jahre geben, um zu schauen, ob mir der Durchbruch gelingt“, sagt er. Die Erfolge geben ihm in seiner Entscheidung recht.

Die Ruhe im Neuffener Tal

Er wohnt und trainiert die Woche über im Tischtennis-Zentrum in Düsseldorf, und spielt in der Bundesliga für den ASV Grünwettersbach, einem Karlsruher Stadtteil-Club. Ein Wechsel zu Borussia Düsseldorf würde sich eigentlich anbieten, doch Qiu hält sich bedeckt: „Borussia Düsseldorf ist der FC Bayern München des Tischtennis, das ist für jeden ein Ziel, aber für mich läuft derzeit in Grünwettersbach alles nach Plan.“

Und Frickenhausen? Die Ruhe, die Natur, seine Schulfreunde vermisst er. Und natürlich blickt er auch etwas wehmütig auf die großen Erfolge seines Heimatclubs zurück, den seine Familie so entscheidend geprägt hat: „Es waren wunderschöne Zeiten. Ich weiß die Ausbildung dort sehr zu schätzen.“ Auch wenn dafür zum großen Teil Mama und Papa zuständig waren.

Der erste Spieltag

TSV Bad Königshofen – TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, Borussia Düsseldorf – TTC Zugbrücke Grenzau, Post SV Mühlhausen – ASV Grünwettersbach, TTC Schwalbe Bergneustadt – Werder Bremen, TTC OE Bad Homburg – TTC Neu-Ulm (alle Sonntag, 15 Uhr), TTF Liebherr Ochsenhausen – 1. FC Saarbrücken TT (20. September, 15 Uhr).