Seit dem 24. Juni ist Olga verwitwet. Ihr Mann kam in der Region Donezk ums Leben, seine Gruppe war gerade mit einem Militär-LKW auf dem Weg zum nächsten Einsatz. „Es ist die schlimmste Erfahrung meines Lebens, dass ich keinen Abschied von Alexander nehmen konnte“, sagt Olga. „Vor seinem plötzlichen Tod hatten wir zwar noch telefoniert, aber keiner von uns dachte, dass es das letzte Mal sein würde.“ Auch ihr Bruder Mischa musste wegen einer Handverletzung sein Leben umkrempeln. Er hat hat Stuckateur gearbeitet, jetzt versucht er in einem Taxi-Callcenter Geld zu verdienen. Zu den Ereignissen vom vorigen Februar äußert er sich nicht mehr.

 

Trauer und Frust haben viele Gesichter. Während eine Seite nach stärkeren Mitteln gegen die von Russland unterstützten Separatisten ruft, will die andere den Krieg am liebsten sofort beenden. Einem wachsenden Teil der Ukrainer erscheinen Poroschenkos Bemühungen, den Konflikt diplomatisch zu lösen, als zu weich. Somit fehlt die Führungsfigur, nach der sich viele Ukrainer sehnen. Auch die Ärztin Marina würde es begrüßen, wenn ihr Land von einem unumstrittenen Präsidenten regiert würde. Sie wolle aber keinesfalls einen Despoten wie den früheren Staatschef Janukowitsch. „Leider ist unser Land noch nicht so weit, Politiker hervorzubringen, die das Wohl der Gesamtheit im Blick haben“, sagt die 48-Jährige. „Bei uns denken alle Politiker immer erst an ihre eigenen politischen und vor allem finanziellen Vorteile.“