Cliff Richard zählt zu den erfolgreichsten britischen Musikern der Geschichte. Er prägte den Rock’n’Roll lange vor den Beatles; für viele ist er dennoch ein Schnulzensänger. Jetzt feiert er seinen achtzigsten Geburtstag – und hat konkrete Tournee-Pläne.
London - Dass er in hohem Alter noch Musik machen und sogar regelmäßig auf der Bühne stehen würde, hat Cliff Richard selbst nicht erwartet. „Wenn ich so zurückblicke, dann erinnere ich mich, wie ich gedacht habe, ich würde es kaum bis 50 schaffen“, scherzte der Musiker vor kurzem auf seiner Website. Am 14. Oktober feiert das britische Rock’n’Roll-Urgestein mit dem strahlend weißen Lächeln seinen 80. Geburtstag – mit einem neuen Album und einer Tournee.
Seit mehr als sechs Jahrzehnten steht Cliff Richard auf der Bühne. Mitunter wird er als Schmalz- und Schnulzensänger abgetan, doch seine Bilanz ist beeindruckend. Er hat weit mehr als sechzig Alben aufgenommen und über 250 Millionen Tonträger verkauft. Damit ist er einer der erfolgreichsten Musiker des Vereinigten Königreichs. Seit dem Ritterschlag 1995 darf er sich Sir Cliff nennen. „Das ist sehr schön“, sagte er letztes Jahr in einem seiner seltenen Interviews dem Sender ITV, „aber es ist nicht nötig, diesen Titel zu benutzen“.
Die erste Single wurde zum Hit
Als Harry Rodger Webb wurde er am 14. Oktober 1940 in Luckow im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh geboren, der damals noch unter britischer Verwaltung stand. Während des Unabhängigkeitskampfes siedelte die Familie nach England über. Schon während der Schulzeit fiel Richards stimmliche Begabung bei einer Theateraufführung auf.
Ende der fünfziger Jahre begann seine Karriere. „Ich hab geträumt wie Elvis Presley zu sein“, so der Musiker. Harry Webb wurde zu Cliff Richard, inspiriert vom US-Rock’n’Roll-Pionier Little Richard, und ließ sich anfangs als „europäischer Elvis“ vermarkten.
Schon die erste Single „Move It“ wurde ein Hit, sie gilt heute als Meilenstein britischer Rockmusik. Lange vor den Beatles wurde Cliff Richard auf der Insel zum Aushängeschild des Rock’n’Roll, meistens mit seiner Begleitband The Shadows, die auch ohne den Sänger Erfolge feierte. „Vor Cliff und den Shadows gab es in der britischen Musik nichts, was man sich anhören konnte“, sagte John Lennon später.
Wo Richard auftrat, kreischten die Mädchen und jubelten die Jungs, nicht nur in seiner Heimat. Die deutsche Hitparade toppte er mit der Single „Rote Lippen soll man küssen“, der deutschen Version von „Lucky Lips“. Ende der sechziger Jahre nahm er sogar zwei deutschsprachige Alben auf: „Hier Ist Cliff“ und „Ich träume deine Träume“. Songtitel wie „Ooh la la (sagte Cäsar zu Cleopatra)“ oder „Zärtliche Sekunden“ sind heute zum Fremdschämen – aber gleichzeitig Kult.
Sir Cliff bestätigte, dass er in dem Buch ausführlich über ein dunkles Kapitel seines Lebens spricht. Im Sommer 2018 gewann er einen Prozess gegen die BBC wegen Rufschädigung. Der Sender hatte live über eine Polizeirazzia in Richards Haus in England berichtet. Es ging um einen Anfangsverdachts der sexuellen Nötigung in den achtziger Jahren. Doch die Ermittlungen wurden später eingestellt.
„The Great 80 Tour“ erst im nächsten Jahr
Richard nannte die Anschuldigungen und die folgende Berichterstattung später „das Schlimmste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist“. Es habe eine Weile gedauert, sich von dem Schrecken zu erholen, sagte er beim Sender ITV. Mittlerweile fühle er sich aber großartig. „Ich kann mich freuen, 80 zu sein, mich wohl zu fühlen und mich bewegen zu können“, so Sir Cliff. Mit Blick auf seine Karriere meinte er: „Ich glaube, ich bin der glücklichste Popstar, der je gelebt hat.“
Seine Tournee „The Great 80 Tour“ durch das Vereinigte Königreich, die in diesem September und Oktober rund um seinen Geburtstag stattfinden sollte, wurde wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben. Das Timing passt nun nicht mehr ganz. „Ich bin noch 80, wenn die Tournee anfängt“, scherzte Cliff Richard in der TV-Sendung „Good Morning Britain“. „Aber wenn sie vorbei ist, bin ich 81.“