Reise: Annette Schwesig (apf)

Hamburg und Kinder? Ein Aufenthalt mit Minderjährigen ist nicht unbedingt das Erste, was einem einfällt, wenn man an die Hansestadt denkt. Reeperbahn, schlechtes Wetter, weite Wege: alles nur bedingt tauglich für Menschen unter 18. Doch das stimmt nur zum Teil: Die für Erwachsene so unendlich faszinierende Metropole bietet weitaus mehr für Kinder, als man vermutet. Und auch die Sonne scheint in der Hansestadt – öfter und strahlender, als man denkt.

 

Wer einen Schönwettertag erwischt, der sollte zunächst ganz klassisch mit einer Stadtführung beginnen, und zwar durch die Speicherstadt und die HafenCity: nicht nur, weil man bei dieser Tour an besonders vielen Sehenswürdigkeiten vorbeikommt, sondern auch, weil sie die spektakulärsten Museen und Orte speziell für Kinder mit einschließt. Wer dann auch noch das Glück hat, an die lustige und kundige Stadtführerin Therese Wilms zu geraten, der verliert sein junges Herz ganz schnell an Hamburg.

Anspruchsvolle Virtual-Reality-Erlebnisse

Wilms erzählt, dass viele der imposanten Häuser touristisch genutzt werden: In einem Komplex befindet sich das „Miniatur Wunderland“ mit der weltweit größten Miniatureisenbahn. „Es gehört zu den beliebtesten Museen Deutschlands und hat an manchen Tagen bis weit nach Mitternacht geöffnet, um dem Andrang gerecht zu werden“, sagt Wilms und lächelt unter ihrem signalroten, regenfesten Hütchen. In der Nähe hat vor Kurzem das „Yullbe Wunderland“ eröffnet, ein Vergnügungszentrum mit anspruchsvollen Virtual-Reality-Erlebnissen.

Dann geht es weiter zum „Hamburg Dungeon“. Auch dieses Haus liegt mitten in der historischen Speicherstadt: ein riesiges Backsteingebäude mit blutroten Lettern an der Hauswand. Man spürt schon von außen: Das ist kein Museum im klassischen Sinn. Vielmehr erwartet die Besucher eine Kombination aus Geisterbahn, Mitmachshow und Geschichtsunterricht: sehr gruselig und sehr spannend. Im ersten Raum befiehlt eine Furcht einflößende Stimme, sich auf einen klapprigen Holzboden zu stellen. Es wird eng. Die ersten Angstschweißperlen sind auf den Stirnen der Mitspieler zu sehen. Dann ruckt es heftig, es geht donnernd nach unten, und plötzlich befindet man sich mitten in den Katakomben der Speicherstadt. Hier beginnt nun die Reise durch 600 Jahre grauenhafte Hamburger Geschichte.

Täuschend echte Bisse von Ratten

Man muss einem mittelalterlichen Inquisitor Rede und Antwort stehen und täuschend echte Bisse von Ratten ertragen. Im Gefängnisturm geht es am Ende der Tour im freien Fall in absoluter Finsternis acht Meter in die Tiefe. Eine Mitstreiterin bekreuzigt sich, bevor sie nach unten rauscht. Besonders gemein dabei ist, dass man die Schreie der Fallenden in den umliegenden Gängen hört: Die Besucher haben zuvor keine Ahnung, was am Ende des Rundgangs auf sie zukommt, wer da schreit und ob das überhaupt gut ausgeht hier.

Wer sich für die Geschichte der Hansestadt interessiert, aber einen Museumsbesuch ohne Panikattacken bevorzugt, der kann mit der S-Bahn oder der Barkasse in das Auswanderermuseum Ballinstadt nach Veddel hinausfahren. Auf einem weiten Feld stehen mehrere kleine Häuschen. Sie sind originalgetreue Nachbildungen der Auswandererbaracken, die der Hapag-Reeder Albert Ballin zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte errichten lassen. Der Museumssprecher Torben Knye sagt: „Menschen wandern, seit sie leben“, weist auf die besondere Aktualität des Themas Migration durch Kriege und Klimakrise hin und fügt hinzu: „Der Verlust der eigenen vier Wände, die Trennung von den Eltern und Freunden, das ist etwas, was Kinder und Jugendliche sehr bewegt. Wir haben zurzeit sehr viele junge, interessierte Leute in unserer Dauerausstellung.“

Harry Potter kostet jetzt weniger

Noch bis zum Herbst läuft die Sonderausstellung „50 Jahre Sesamstraße in Deutschland“. Besonders gelungen an dem Konzept ist, dass sie für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignet ist: Die Kleinen freuen sich an den lustigen Figuren und über die Mitmachspiele, die Großen lernen etwas über die Bildungsorganisation, die hinter der legendären amerikanischen TV-Show steckt.

Noch mehr Show gibt es seit Februar im „Mehr!-Theater“ am Großmarkt. Alte und junge Harry-Potter-Fans können das ursprünglich zweiteilige Theaterstück „Harry Potter und das verwunschene Kind“ nun in einer gekürzten, einteiligen und dadurch auch deutlich günstigeren Version sehen. Wer bisher noch nicht begriffen hat, dass Hamburg eine Weltstadt ist, der spürt es hier: großartige Schauspieler in einer großartigen Location.

Info Hamburg

Anreise
Mit dem ICE von Stuttgart direkt nach Hamburg (www.bahn.de).

Unterkunft
Ein Familienhotel und dennoch sehr chic: Das Entertainment-Hotel Pierdrei mitten in der Hafen-City. Sehr schöne Zimmer, sehr leckeres Frühstück. DZ/F ab 150 Euro. www.pierdrei-hotel.de/home Das 25hours Hotel Hafencity bietet gemütliche Kojen und eine tolle Lage: DZ ab 144 Euro. https://www.25hours-hotels.com/hotels/hamburg

Essen und Trinken Mitten in der historischen Speicherstadt gelegen: das Restaurant Schönes Leben. Hier gibt es in maritimer Atmosphäre Hamburger Spezialitäten: www.schoenes-leben.com/speicherstadt/.Das Restaurant „Nach Amerika“ liegt im Auswandermuseum und bietet einfache Gerichte zum kleinen Preis. www.ballinstadt.de/informationen/restaurant.Im Stil der Goldenen Zwanziger eingerichtet ist das Restaurant Goldbach am Rathausmarkt. Hier kann man neben modernen Surf’n’Turf-Kreationen auch klassische hanseatische Spezialitäten essen: https://goldbach-restaurant.de/.

Aktivitäten Eine etwas andere Geschichtsstunde erlebt man im Hamburg Dungeon: www.thedungeons.com/ Sesamstraße und mehr: Das Auswanderermuseum Ballinstadt liegt außerhalb der Innenstadt: www.ballinstadt.de

Allgemeine Informationen www.hamburg-tourismus.de