Herr Naud, gut ein Viertel der Saison ist absolviert. Welche Gedanken haben Sie beim Blick auf die Tabelle?
Man sieht, dass wir in der Liga angekommen sind. Es gab vor der Saison viele Fragezeichen, aber bis auf ein oder zwei Spiele waren wir unseren Gegnern immer ebenbürtig.
Vor dem Start wurden die Steelers als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt. Kommt da Genugtuung auf?
Nein, ganz bestimmt nicht. Diese Einschätzung hat mich motiviert, einen noch besseren Job zu machen. Ich denke, es ist normal, dass ein Aufsteiger als Absteiger gehandelt wird – erst recht, weil wir der erste Aufsteiger in die DEL seit vielen Jahren sind.
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Ist der Respekt nun ligaweit gestiegen?
Ja, das glaube ich schon. Wir haben gezeigt, dass wir in die Liga gehören. Wenn ich mich jetzt mit meinen Trainerkollegen unterhalte, spüre ich schon, dass den Steelers nun mehr Respekt entgegengebracht wird.
Was sind die Gründe, dass die Steelers im Herbst in der DEL kein Fallobst sind?
Der Zusammenhalt ist unser Trumpf. Wir besitzen nicht das Budget der anderen Clubs, wir haben das kleinste der Liga – bei uns gibt es keinen Star, deshalb müssen wir als ein Team auftreten, in dem sich keiner zu schade ist, die Drecksarbeit zu machen.
Ist es eine Ihrer Stärken, dieses Gemeinschaftsgefühl erzeugen zu können?
Ich glaube fest daran, dass nicht immer die beste Mannschaft ganz vorn steht. Ich habe 17 Jahre als Profi gespielt, nun bin ich seit mehr als 20 Jahren Trainer: Wenn man an ein Ziel wirklich glaubt, ist es egal, wer die Gegner sind. Aber jeder muss an den Erfolg glauben, wenn zwei oder drei Spieler das nicht tun, wird es ungeheuer schwierig, Erfolg zu haben. Ich lege deshalb größten Wert darauf, dass alle an einem Strang ziehen.
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Die Steelers haben Profis geholt, die woanders als nicht pflegeleicht galten – wie bringen Sie die auf Ihre Linie?
Nun, wenn wir sie nicht verpflichtet hätten, würden sie womöglich heute noch einen Club suchen. Sie wissen genau, dass sie bei uns ihre letzte Chance bekommen haben, um weiter auf DEL-Niveau spielen zu können. Deshalb ziehen sie mit. Wir haben nicht die finanziellen Mittel wie andere Clubs, also müssen wir mitunter bei der Verpflichtung ein gewisses Risiko eingehen – spielerisch bringen sie uns in jedem Fall weiter.
Welchen Führungsstil pflegen Sie?
Ich rede mit vielen Leuten, ich beschaffe mir Informationen von hier und von dort – doch am Ende treffe ich die letzte Entscheidung. Das ist wie in einer Demokratie. Viele diskutieren über eine Maßnahme oder eine Lösung, aber es gibt nur einen Premierminister, der schlussendlich sagt, wo es langgeht.
Sind Sie ein harter Hund oder ein Psychologie-Coach?
(Lacht.) Was ist ein harter Hund? Manche Trainer gelten in der Öffentlichkeit als harter Hund, aber wenn du den Menschen persönlich kennst, weißt du, dass er ganz anders ist, dass das lediglich ein Image ist. Andersherum gilt jemand vielleicht als Softie, doch wenn es intern darum geht, entscheidet er knallhart. Sagen wir es so: Ich bin ein ehrlicher Mensch, und so verhalte ich mich auch als Trainer – und ich denke, das ist auch der Grund, warum alle Spieler mitziehen.
Am Freitag kommt Ligakrösus Adler Mannheim, der Überflieger der DEL mit erst zwei Niederlagen – welche Hoffnungen können Sie den Fans machen?
Wir sind immer der Außenseiter, wir bereiten uns so gewissenhaft vor wie vor jedem Spiel – wir werden uns nicht verstecken und kämpfen bis zum Schluss. Mehr kann ich nicht versprechen.
Drei Clubs mussten zuletzt eine Zwangspause einlegen. Bekommen Sie da ein mulmiges Gefühl?
Was in der Gesellschaft gilt, gilt auch im Eishockey. Man wird mit Corona leben müssen und sich an die Regeln halten. Man kann sich nicht nur im Sport anstecken, sondern auch beim Einkaufen oder im Restaurant. Wir müssen vorsichtig bleiben, weil die Impfung keinen vollständigen Schutz bietet.
Gibt es bei den Steelers einen Verhaltenskodex für die Profis in der Freizeit?
Wir können nicht alles kontrollieren, aber wir machen unsere Spieler immer wieder darauf aufmerksam, sich an die Regeln zu halten. Außerdem hatten wir vergangene Saison zwei Corona-Zwangspausen, so dass den Spielern schon bewusst ist, was sie riskieren, wenn sie sich nicht an die Regeln halten.
Halten Sie die aktuellen Coronavorgaben der DEL für ausreichend?
Ich kann gut mit den aktuellen Vorgaben leben. Corona zeigt uns aber, dass es ganz schnell gehen kann – was gestern noch galt, kann morgen schon überholt sein.